Lehrermangel ohne Grenzen
Lehrergehälter und Dauer der Lehrerausbildung in Österreich über dem OECD-Schnitt. Die OECD-Vergleichsstudie „Bildung auf einen Blick“zeigt eine „stille Revolution“auf.
Nicht nur Österreich sieht sich mit dem Problem eines zunehmenden Lehrermangels konfrontiert. „Die Rolle der Lehrer muss in der Gesellschaft mehr geschätzt
und anerkannt werden“, erklärte der neue französische Bildungsminister Pap Ndiaye am Montag bei der Präsentation der OECD-Bildungsvergleichsstudie „Bildung auf einen Blick“. In vielen Ländern gebe es Probleme, genügend Lehrerinnen zu finden: In den USA fehlten sogar 200.000 Lehrer. Auch in Frankreich gebe es das Problem Lehrermangel. Man müsse das Einkommen der Qualifikation und der
Verantwortung des Lehrerberufs anpassen, aber auch mehr Teamarbeitsmöglichkeiten und Karriereperspektiven bieten, da die Attraktivität eines Berufs nicht nur vom Gehalt abhänge. Frankreich investiert zusätzliche zwei Mrd. Euro in die Anhebung der Lehrergehälter und zahlt Lehrern, die zusätzliche
Aufgaben übernehmen, 20 Prozent mehr. Ndiaye: „Unser ganzes Schulsystem basiert auf den Lehrern.“
Immerhin verdienen laut „Bildung auf einen Blick“Lehrerinnen
in Österreich deutlich mehr als im
Schnitt der OECD-Länder. Dies gilt
von Volksschullehrerinnen mit einen Einstiegsgehalt von umgerechnet 48.000 US-Dollar im Jahr (OECD-Schnitt: 36.100) und 83.900 Dollar Höchstgehalt (OECD: 59.900)
bis zu AHS-Oberstufenlehrern mit 47.900 und 95.200 Dollar Einstiegsbzw. Höchstgehalt. (OECD-Schnitt: 39.000 bzw. 65.000). Zwischen 2015 und 2021 sind die Lehrerinnengehälter in Österreich mit acht Prozent auch stärker gestiegen als im OECD-Schnitt (sechs Prozent).
In fast allen OECD-Ländern sind aber die Lehrergehälter niedriger als die Gehälter anderer Personen
mit tertiärem Bildungsabschluss. In Österreich verdienen Lehrer im Schnitt 19 Prozent weniger. Direktorinnengehälter sind in Österreich nur knapp über dem Schnitt anderer Personen mit Tertiärabschluss. In den meisten OECD-Ländern verdienen Direktoren deutlich mehr als Landsleute mit Hochschulabschluss im Schnitt. Die Dauer der Lehrerinnenausbildung in Österreich liegt über dem OECD-Schnitt.
Tertiäre Bildung stellte heuer den Schwerpunkt der „Bildung auf einen Blick“-Erhebung dar. OECDGeneralsekretär Mathias Cormann sprach von einer „stillen Revolution“,
denn 2021 erreichte die Zahl der 25- bis 34-Jährigen mit einem
tertiären Bildungsabschluss im OECD-Schnitt 48 Prozent. „Vor 22
Jahren waren es noch 27 Prozent.“In Österreich ging es mit der Quote
nicht ganz so hoch hinaus: von 21 Prozent im Jahr 2000 auf 42 Prozent im Vorjahr. Auch in Österreich hat
tertiäre Bildung Absolventen in der
Coronakrise stärker vor Arbeitslosigkeit bewahrt als niedrigere Bildungsabschlüsse.
Cormann verwies auf OECDweit zu geringe Abschlussraten: Nur 39 Prozent der Bachelorstudierenden absolvierten in der
Regelstudienzeit. Die Abschlussquoten bei Männern sind in allen OECD-Ländern noch niedriger.
Dass in Österreich ein etwas geringerer Anteil des BIP für Bildungseinrichtungen verwendet
wird als im OECD-Schnitt, liegt zu einem guten Teil an den im
Vergleich geringen privaten Aufwendungen – nicht zuletzt, weil Studiengebühren erst bei langer Studiendauer fällig werden.
In elf OECD-Ländern überschritten die Schulschließungen in der Pandemie im Unterstufenbereich 100 Tage. Österreich gehörte zum Drittel der Länder mit den wenigsten Schließtagen. Im
Hinblick auf die Auswirkungen der Pandemie hebt die Studie die raschere Einführung des digitalen Lehrens und Lernens hervor. Mehr als die Hälfte der 27 Länder, für die Daten verfügbar sind
– darunter auch Österreich –, will auch künftig stärker auf digitale Instrumente setzen.