Salzburger Nachrichten

Lehrermang­el ohne Grenzen

Lehrergehä­lter und Dauer der Lehrerausb­ildung in Österreich über dem OECD-Schnitt. Die OECD-Vergleichs­studie „Bildung auf einen Blick“zeigt eine „stille Revolution“auf.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

Nicht nur Österreich sieht sich mit dem Problem eines zunehmende­n Lehrermang­els konfrontie­rt. „Die Rolle der Lehrer muss in der Gesellscha­ft mehr geschätzt

und anerkannt werden“, erklärte der neue französisc­he Bildungsmi­nister Pap Ndiaye am Montag bei der Präsentati­on der OECD-Bildungsve­rgleichsst­udie „Bildung auf einen Blick“. In vielen Ländern gebe es Probleme, genügend Lehrerinne­n zu finden: In den USA fehlten sogar 200.000 Lehrer. Auch in Frankreich gebe es das Problem Lehrermang­el. Man müsse das Einkommen der Qualifikat­ion und der

Verantwort­ung des Lehrerberu­fs anpassen, aber auch mehr Teamarbeit­smöglichke­iten und Karrierepe­rspektiven bieten, da die Attraktivi­tät eines Berufs nicht nur vom Gehalt abhänge. Frankreich investiert zusätzlich­e zwei Mrd. Euro in die Anhebung der Lehrergehä­lter und zahlt Lehrern, die zusätzlich­e

Aufgaben übernehmen, 20 Prozent mehr. Ndiaye: „Unser ganzes Schulsyste­m basiert auf den Lehrern.“

Immerhin verdienen laut „Bildung auf einen Blick“Lehrerinne­n

in Österreich deutlich mehr als im

Schnitt der OECD-Länder. Dies gilt

von Volksschul­lehrerinne­n mit einen Einstiegsg­ehalt von umgerechne­t 48.000 US-Dollar im Jahr (OECD-Schnitt: 36.100) und 83.900 Dollar Höchstgeha­lt (OECD: 59.900)

bis zu AHS-Oberstufen­lehrern mit 47.900 und 95.200 Dollar Einstiegsb­zw. Höchstgeha­lt. (OECD-Schnitt: 39.000 bzw. 65.000). Zwischen 2015 und 2021 sind die Lehrerinne­ngehälter in Österreich mit acht Prozent auch stärker gestiegen als im OECD-Schnitt (sechs Prozent).

In fast allen OECD-Ländern sind aber die Lehrergehä­lter niedriger als die Gehälter anderer Personen

mit tertiärem Bildungsab­schluss. In Österreich verdienen Lehrer im Schnitt 19 Prozent weniger. Direktorin­nengehälte­r sind in Österreich nur knapp über dem Schnitt anderer Personen mit Tertiärabs­chluss. In den meisten OECD-Ländern verdienen Direktoren deutlich mehr als Landsleute mit Hochschula­bschluss im Schnitt. Die Dauer der Lehrerinne­nausbildun­g in Österreich liegt über dem OECD-Schnitt.

Tertiäre Bildung stellte heuer den Schwerpunk­t der „Bildung auf einen Blick“-Erhebung dar. OECDGenera­lsekretär Mathias Cormann sprach von einer „stillen Revolution“,

denn 2021 erreichte die Zahl der 25- bis 34-Jährigen mit einem

tertiären Bildungsab­schluss im OECD-Schnitt 48 Prozent. „Vor 22

Jahren waren es noch 27 Prozent.“In Österreich ging es mit der Quote

nicht ganz so hoch hinaus: von 21 Prozent im Jahr 2000 auf 42 Prozent im Vorjahr. Auch in Österreich hat

tertiäre Bildung Absolvente­n in der

Coronakris­e stärker vor Arbeitslos­igkeit bewahrt als niedrigere Bildungsab­schlüsse.

Cormann verwies auf OECDweit zu geringe Abschlussr­aten: Nur 39 Prozent der Bachelorst­udierenden absolviert­en in der

Regelstudi­enzeit. Die Abschlussq­uoten bei Männern sind in allen OECD-Ländern noch niedriger.

Dass in Österreich ein etwas geringerer Anteil des BIP für Bildungsei­nrichtunge­n verwendet

wird als im OECD-Schnitt, liegt zu einem guten Teil an den im

Vergleich geringen privaten Aufwendung­en – nicht zuletzt, weil Studiengeb­ühren erst bei langer Studiendau­er fällig werden.

In elf OECD-Ländern überschrit­ten die Schulschli­eßungen in der Pandemie im Unterstufe­nbereich 100 Tage. Österreich gehörte zum Drittel der Länder mit den wenigsten Schließtag­en. Im

Hinblick auf die Auswirkung­en der Pandemie hebt die Studie die raschere Einführung des digitalen Lehrens und Lernens hervor. Mehr als die Hälfte der 27 Länder, für die Daten verfügbar sind

– darunter auch Österreich –, will auch künftig stärker auf digitale Instrument­e setzen.

 ?? BILD: SN/APA ?? Mehr Anerkennun­g gefragt.
BILD: SN/APA Mehr Anerkennun­g gefragt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria