Wenn die Armee die Armee stürzt
Im westafrikanischen Burkina Faso erfolgte der achte Putsch seit Erlangung der Unabhängigkeit 1960.
OUAGADOUGOU. „Verwirrung“– das war das Wort, mit dem sowohl Beobachter vor Ort als auch internationale Medien die Lage in Burkina Faso zuletzt beschrieben. Geschäfte und Schulen blieben geschlossen. Das Staatsfernsehen stellte den Sendebetrieb ein und in der Hauptstadt Ouagadougou waren Explosionen zu hören. Die Verwirrung wich am vergangenen Freitagabend, als ein Uniformierter vor die Kameras trat und die Absetzung des Übergangspräsidenten PaulHenri Damiba verkündete. Nachdruck verlieh er seiner Botschaft mit knapp zehn bis an die Zähne
bewaffneten, mit Totenkopfmasken
und Sonnenbrillen verhüllten Soldaten im Hintergrund.
Der neue Mann an der Macht heißt Ibrahim Traoré, Hauptmann der burkinischen Armee. Seinem
Vorgänger Damiba warf der Uniformierte Unfähigkeit im Kampf gegen die aufständischen Islamisten im Land vor. Die Al-Kaida- und IS-Anhänger machten in den vergangenen Jahren mit blutigen Angriffen auf Bevölkerung und Regierungsbehörden auf sich aufmerksam. Erst im Jänner hatte Damiba mit dem
Versprechen für mehr Sicherheit die demokratisch gewählte Regierung von Präsident Roch Marc Christian Kaboré gestürzt.
Nun ist der Oberstleutnant offenbar durch sein eigenes Schwert gefallen.
Auslöser dürften mehrere
Anschläge durch Islamisten in der zurückliegenden Woche gewesen sein. „Wir haben so oft versucht,
Damiba dazu zu bewegen, sich wieder auf die Sicherheitsbedenken zu
fokussieren“, hieß es von den Putschisten. Noch wenige Stunden vor der Machtübernahme hatte Damibas Übergangsregierung versucht, das Militäraufgebot in den Straßen als „Meinungsverschiedenheit zwischen Soldaten“zu verkaufen, berichtet Ignace Ismaël Nabole, Journalist in Ouagadougou.
Der nach dem Putsch abgesetzte Damiba ist nach Angaben aus Diplomatenkreisen inzwischen ins Nachbarland Togo geflohen. Der neue Machthaber Ibrahim Traoré gab noch am Sonntagabend bekannt, er habe die Unterstützung der Armeechefs erhalten, um den
Kampf gegen die Dschihadisten „neu zu beleben“.
Burkina Faso zählt zu den ärmsten Staaten der Welt. Mit den jüngsten militärischen Machtübernahmen in Mali, Tschad und Guinea rückt die Langzeitentwicklung der
westafrikanischen Region immer mehr ins Ungewisse.