Die Oper entfaltet eine bunte Geschichte
Kaum ein Genre der Kunst kann so innig berühren und so dauerhaft begeistern wie die Oper.
BONN. Maria Callas reagierte radikal: Die Sopranistin brach eine Premiere in Rom nach dem ersten Akt ab und löste im Jänner 1958 einen
Eklat aus. Die Öffentlichkeit schimpfte auf die launische Diva.
Dabei hatte sie eine Bronchitis, und das Opernhaus hatte keinen Ersatz
besorgt. „Bekanntlich kommen die meisten Premierenbesucher sowieso nur ins Theater, um während der
Pausen in den Foyers auf und ab zu spazieren“, sagte sie damals trotzig
dem Magazin „Der Spiegel“.
In einer ungewöhnlichen Ausstellung entführt die Bundeskunsthalle in Bonn in die Geschichte der Oper und ihrer Stars wie der Callas. Gemälde, Roben, Plakate, Modelle
von Bühnenbildern, Karikaturen und Programmhefte illustrieren die
Welt des Musiktheaters. Das Ambiente schaffen Wandleuchter, tiefroter Samt und halbdunkle Wandelgänge zwischen den Räumen. Vorgestellt werden Opernhäuser wie die Mailänder Scala, die Wiener
Hofoper, die New Yorker Met und das Opernhaus in Bayreuth. Die deutsche Opernlandschaft spielt eine besondere Rolle, denn mit 84
Spielstätten hat die Bundesrepublik die größte Dichte weltweit.
Oper ist ein aufwendiges Gesamtkunstwerk aus Musik, Gesang, Schauspiel, Kostümen und Bühnenbild.
„Sie überschreitet die Grenzen der Realität, lebt von dramatischen Extremen, vom Magischen und Irrationalen und ist als Kunstereignis einmalig und vergänglich“, erklärt dazu die Bundeskunsthalle.
Die 1875 fertig gebaute Opéra Garnier in Paris erinnert an ein Schloss. Großformatige Aufnahmen der Fotografin Candida Höfer zeigen die überbordende Ausstattung in Rot und Gold. Mit
geschwungenen Treppen, langen Gängen, Logen und funkelnden
Kronleuchtern geben die Spielorte der Kunst den Rahmen und inszenieren den Besuch des Publikums als gesellschaftliches Ereignis.
Eine chronologische Entwicklung will die Ausstellung „Die Oper ist tot – Es lebe die Oper!“(bis 5. Februar 2023) nicht geben. Kurator
Alexander Meier-Dörzenbach: „Ziel ist es, unterschiedliche, gut geschliffene Steine bereitzustellen, aus denen sich jeder ein Mosaikbild
bauen kann.“Die Anfänge liegen jedenfalls um 1600 in Florenz. Danach öffneten in Venedig öffentliche Opernhäuser. Zum zahlenden Publikum gehörten Diplomaten, Touristen und Pilger.
In London gab es im 18. Jahrhundert sogar zwei konkurrierende Opernunternehmen, eines wurde
vom Komponisten Georg Friedrich Händel geleitet. Sänger der Barockopern waren die Kastraten Senesino
und Caffarelli. Das Metropolitan Opera House in New York wurde
von US-amerikanischen Millionären gebaut, 1883 war Einweihung.
Ein Erneuerer war der Komponist Gustav Mahler, der 1897 in Wien
Direktor an der Oper wurde. Er
ließ schon während der Ouvertüre den Saal verdunkeln, zu spät Kommende mussten also warten, sie wurden erst in der Pause eingelassen. In der Ausstellung
ist Gustav Mahler durch eine Büste des Bildhauers Auguste Rodin vertreten.
Für die Opernwelt stehen viele Ausstellungsstücke – darunter ein originales Kostüm aus der „Tosca“von 1958 an der Wiener Staatsoper; diese Inszenierung
von Margarete Wallmann ist seither mehr als 630 Mal gespielt
worden, das Kleid wurde bisher 101 Sängerinnen auf den Leib geschneidert. Eine goldbestickte Bühnenrobe, die die Opernsängerin Birgit Nilsson getragen hat,
bekommt viel Raum: Allein die Schleppe ist sieben Meter lang.
Viele Maler verewigten Szenen, Sänger und Tänzer auf der Leinwand. Hörproben in der Ausstellung geben weitere Eindrücke.
Auch wer noch nie in der Oper gewesen sei, werde Exponate,
Atmosphäre und Reize finden, die begeistern würden, verspricht Ausstellungsmacher Meier-Dörzenbach. Und: „Für Experten, die jedes Jahr nach Salzburg
und Bayreuth fahren, wird es trotzdem ein paar noch nicht gesehene Sachen geben.“
Stars, Kostüme, Szenen und Karikaturen
Ausstellung: „Die Oper ist tot – Es lebe die Oper!“, Bundeskunsthalle Bonn, bis 5. Februar 2023.