Salzburger Nachrichten

Dicker Akt: Hunderte Anzeigen wegen Betrugs via WhatsApp

Täter gaukeln vor, Sohn oder Tochter mit neuer Handynumme­r zu sein. Sie schreiben von einer Notlage und bitten um eine Überweisun­g. Mit Erfolg, wie ein großer Ermittlung­sfall zeigt.

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SALZBURG. Bereits im Herbst 2021 kursierte diese besonders

perfide Betrugsmas­che in ganz Österreich; und seit einigen Wochen verzeichne­t die Polizei bundesweit eine erneute Häufung des Trickbetru­gs via WhatsApp oder vergleichb­are Messengerd­ienste. Zahlreiche Personen, meist Frauen, aber auch Männer mit erwachsene­n Kindern, erhielten (und erhalten) dabei von Betrügern folgende Textnachri­cht auf ihr Handy: „Hallo Mama, mein Telefon hat einen Wasserscha­den erlitten, das ist jetzt

meine neue Nummer.“Teils lautet(e) der Text auch so: „Hallo Mama, mein Telefon ist mit in die

Waschmasch­ine gegangen. Das ist jetzt meine neue Nummer.“Oder auch: „hallo papa mein handy ist kaputt gegangen. Dies ist

jetzt eben meine neue nummer, diese kannst du speichern.“

Die Täter, die internatio­nal vernetzt agieren, suggeriere­n ihren potenziell­en Opfern geschickt, deren Sohn oder Tochter zu sein. Nach kurzem schriftlic­hen Smalltalk, bei dem auch

Smileys und Schmeichel­eien versandt werden, gaukelt das vorgeblich­e Kind dann ein Problem oder eine Notlage vor: etwa dass Sohn oder Tochter wegen des

notwendig gewordenen Wechsels auf das neue Smartphone derzeit keine Banküberwe­isungen, kein E-Banking durchführe­n

könne. Letztlich wird die kontaktier­te Person „innig“darum gebeten, eine offene Rechnung vorübergeh­end zu begleichen. Die Betrüger nennen den Betrag – zu

meist zwischen 2500 und 7700 Euro – und Kontodaten für die Überweisun­g.

Ein bereits seit Oktober 2021 bei der Staatsanwa­ltschaft Salzburg anhängiges Ermittlung­sverfahren beweist eindrucksv­oll die Dimension dieser Betrugsmas­che: Unter Federführu­ng von ITErmittle­rn der Salzburger Polizei

war es gelungen, eine ganze Reihe an Verdächtig­en auszuforsc­hen, die an WhatsApp-Betrügerei­en beteiligt gewesen sein sollen. In einem von einer Salzburger Polizeiins­pektion geführten bundesweit­en Sammelakt

waren bereits Mitte Dezember 2021 exakt 121 Personen dokumentie­rt, die bei diversen Inspektion­en von Vorarlberg bis Wien

Anzeigen erstattet hatten. 48 von ihnen hatten allein zwischen 6. September und 10. Dezember tatsächlic­h auf Täterkonte­n insgesamt 190.000 Euro überwiesen.

Im Februar 2022 hatte die Salzburger Polizei der Staatsanwa­ltschaft dann einen (vorläufige­n)

Abschlussb­ericht übermittel­t, demzufolge bis dahin bereits 186

Personen, vor allem Frauen, Anzeige erstattet hatten, etliche davon aus Salzburg. Der ermittelte Betrugscha­den, inklusive der Fälle,

bei denen es beim Versuch

blieb, wurde darin bereits mit rund 560.000 Euro beziffert.

Wie Elena Haslinger, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft (StA), am Montag sagte, ist das Ermittlung­sverfahren noch anhängig. Insgesamt werde „gegen elf namentlich bekannte Beschuldig­te“ermittelt, als Hauptbesch­uldigter

gilt ein vorbestraf­ter Salzburger (21). „Das Verfahren ist durchaus

komplex. Insgesamt sind 17 Polizeidie­nststellen

aus ganz Österreich involviert, bei denen Geschädigt­e Anzeige erstattete­n. Der für den Fall zuständige Kollege bekam immer wieder Nachtragsb­erichte über mutmaßlich­e neue Opfer, weitere Berichte sind noch ausständig“, so Haslinger. Ihr Nachsatz: „Der Akt ist inzwischen an die zwei Meter hoch.“

Die Opfer im gegenständ­lichen Verfahren sollen die von den vermeintli­chen Söhnen oder Töch

tern „erbetenen“Geldbeträg­e auf Dutzende Konten im In- und Ausland überwiesen haben. Ein Gros der Empfängerk­onten befindet sich demnach in Spanien und in

Deutschlan­d, teils wurden Gelder auch auf Konten in Polen oder der Türkei transferie­rt, etliche

Konten befinden sich jedoch auch in Salzburg.

Den Ermittlung­en zufolge hat der 21-Jährige, der mutmaßlich eine führende Rolle im Täternetzw­erk spielte, von mehreren Bekannten deren Kontodaten akquiriert, auf die dann Überweisun­gen der Opfer eingingen. Demnach teilte er den Bekannten, etwa zwei jungen mitbeschul­digten Frauen, mit, dass er Geld aus einer Erbschaft erhalten

habe, sein Konto aber gerade gesperrt sei. Für das Zurverfügu­ngstellen ihrer Konten sollen die Frauen vom 21-Jährigen je 300 Euro „Prämie“erhalten haben.

Laut Polizei sollen Mitglieder der Tätergrupp­e in Salzburg junge Leute oder Obdachlose angesproch­en und sie gegen Geld dazu gebracht haben, Handy-Wertkarten zu kaufen und anzumelden. Insgesamt operierten die Täter mit zumindest 16 verschiede­nen Telefonnum­mern.

„Ermittlung­sakt zu der Causa ist schon an die zwei Meter hoch.“StA-Sprecherin

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BILD: SN/SPRENGER Die Polizei rät eindringli­ch, auf Textnachri­chten hin niemals Geld zu überweisen. Vielmehr soll sofort persönlich­er Kontakt zum vom Absender genannten Familienmi­tglied gesucht werden – durch Anruf unter der Nummer, unter der Sohn oder Tochter auch sonst zu erreichen ist.
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Elena Haslinger,

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