An der Grenze des Vertretbaren
Man stelle sich vor: Eine SPÖgeführte Regierung hätte in den
vergangenen Jahren die kleinsten Pensionen mehrmals deutlich aufgewertet. Sie wäre es gewesen, die deren Bezieherinnen und Beziehern heuer – abseits all der anderen Hilfen gegen die
davongaloppierende Teuerung – 600 Euro netto zusätzlich auszahlen ließ. Und nun hätte sie eine nach finanzieller Bedürftigkeit gestaffelte Pensionserhöhung für 2023 verkündet, die für Mindestpensionisten ein Plus im Wert von gut zehn Prozent bedeutet. Jede Wette: Der Jubel wäre groß gewesen.
Die SPÖ regiert aber seit Jahren nicht mehr mit und entsprechend empört ist sie wieder
einmal. Die Regierung schaue zu, wie Menschen mit kleinen
Pensionen verarmen, schimpfte sie. Dieses ständige Schlechtreden wird, selbst wenn man berücksichtigt, dass es Aufgabe der Opposition ist, die Regierung in die Mangel zu nehmen, schön langsam mehr als unredlich. Zumindest für eine einst staatstragende Partei.
ÖVP und Grüne sind bei der Pensionsanpassung 2023 an die Grenzen des Vertretbaren gegangen. Zugleich haben sie sich
bemüht, durch eine – übrigens in früheren Jahren auch von der SPÖ immer wieder gewählte – Mischform aus prozentuellem
Plus, Fixbeträgen und Einmalzahlungen den ohnehin immer
gewaltiger werdenden Druck aufs Pensionssystem nicht extrem steigen zu lassen. Schließlich muss es für die Erwerbstätigen, an denen die Teuerung ja auch nicht spurlos vorbeigeht, irgendwie finanzierbar bleiben.
Eine Pensionserhöhung, die für den Großteil ein Plus deutlich jenseits des gesetzlichen
Anpassungsfaktors bedeutet, ist jedenfalls nichts, wofür sich eine Regierung genieren müsste; und weit entfernt von der
von der FPÖ ausgemachten „eiskalten Enteignung“.
Und: Die Pensionserhöhung 2023 ist ja nur der Vorbote für die nächste Pensionsanpassung. Die kann nur noch höher ausfallen, weil der Berechnungszeitraum dann die Monate August 2022 bis Juli 2023 sind – also all die Monate mit extrem hohen Inflationsraten. Man kann nur hoffen, dass die Teuerung bis dahin wirklich nachlässt. Andernfalls wird’s für die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems, um die sich seit vielen Jahren jede Regierung drückte, deutlich früher kritisch.