So steigen 2023 die Pensionen
Die größte Erhöhung für die niedrigsten Pensionen, die kleinste für die höchsten: Die Regierung nimmt vier Milliarden Euro für die Pensionsanpassung in die Hand. Zu wenig, sagen SPÖ und FPÖ.
WIEN. Vier Milliarden Euro: Das kostet die Pensionserhöhung 2023, die am Dienstag von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVPKlubchef August Wöginger präsentiert wurde. Das ist deutlich mehr, als eine Erhöhung um den gesetzlichen Anpassungsfaktor – er hatte 5,8 Prozent ergeben – gekostet hätte. Das relativ größte Einkommensplus gibt es mit 10,2 Prozent für die kleinsten Pensionen, die 200.000
Ausgleichszulagenbezieher.
Während Rauch und Wöginger von einem „sozial gerechten Ausgleich“der hohen Inflation sprachen, kam heftige Kritik von SPÖ
und FPÖ. Für sie fällt die Pensionserhöhung zu niedrig aus, sei „Rosstäuscherei“(FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch) und ein weiteres Beispiel dafür, dass die Regierung „die Menschen im Stich“lasse (SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried). Empört meldete sich der Präsident des Pensionistenverbands,
Peter Kostelka (SPÖ), zu Wort. Er sprach von einer „Mogelpackung“
und „türkis-grüner Jubelmathematik“, die den Pensionisten die Teuerung „nicht in Ansätzen“ersetze.
Im Detail sieht die Pensionserhöhung, für die eine Mischform aus
prozentueller Anpassung, Fixbeträgen und Einmalzahlungen gewählt wurde, so aus: Alle Pensionen mit
Ausnahme jener jenseits der Höchstbeitragsgrundlage werden um 5,8 Prozent erhöht. Bei den Ausgleichszulagenbeziehern kommt zu dieser prozentuellen Steigerung ein
Fixbetrag von 20 Euro monatlich
dazu, womit das Plus auf 7,8 Prozent wächst bzw. die Mindestpension/der Ausgleichszulagenrichtsatz von derzeit 1030 auf 1110 Euro (und
parallel dazu die Sozialhilfe/Mindestsicherung). Ferner bekommen Mindestpensionisten eine NettoEinmalzahlung in der Dimension
von 30 Prozent ihres erhöhten Pensionsbezugs, womit das gesamte Plus auf 10,2 Prozent klettert.
Die Direktzahlung von 30 Prozent – höchstens 500 Euro – werden im Frühjahr auch alle Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen bis zur Höhe von rund 1700 Euro brutto bekommen, was ihr gesamtes
Einkommensplus auf 8,2 Prozent wachsen lässt. Danach wird „abgeschliffen“. Ab einer Bruttopension jenseits von 2360 Euro gibt es die Direktzahlung nicht mehr, die Bezieher müssen sich mit der 5,8prozentigen Erhöhung begnügen.
Eingefroren bleiben Pensionen jenseits von 5760 Euro brutto (Höchstbeitragsgrundlage). Diese Grenze können de facto nur die Ruhebezüge von Beamten überspringen, ferner Sonder- und Luxuspensionen. Sie werden nicht prozentuell erhöht, stattdessen gibt es einen monatlichen Fixbetrag von nicht
ganz 330 Euro brutto.
Nach den Berechnungen der Regierung bekommt der Großteil der Pensionsbezieher durch diese Art der sozialen Staffelung eine Pensionserhöhung über dem gesetzlichen Anpassungsfaktor. Denn zu den rund 200.000 Ausgleichszulagenbezieherinnen und -beziehern mit ihrem Gesamtplus von 10,2 Prozent kommen rund 1,2 Millionen Seniorinnen und Senioren (= 53 Prozent aller Pensionsbezieher) mit
Pensionen bis zu 1700 Euro brutto, deren gesamtes Plus 8,2 Prozent beträgt; weitere 400.000 (= 18 Prozent)
haben Pensionen zwischen 1700 und 2360 Euro und profitieren ebenfalls noch von der Direktzahlung.
Die in Pensionsfragen stets besonders kritischen Neos verteufelten die Erhöhung als einzige Oppositionspartei nicht. Dass den „völlig
überzogenen Forderungen“der Pensionistenvertreter nicht nachgegeben wurde, lasse „leise hoffen, dass ÖVP und Grüne langsam erkennen, dass das Geld nicht gänzlich abgeschafft ist“, so Sozialsprecher Gerald Loacker. Wifo-Expertin Christine Mayrhuber sah die überdurchschnittliche Erhöhung der
kleinen Pensionen „durchaus positiv“, weil „sehr treffsicher“. Die Finanzierung sei aber „natürlich eine sehr große Herausforderung“– was
nun auch für die anstehenden Lohnabschlüsse gelte. Bei der wirtschaftsliberalen Agenda Austria zeigte man sich erleichtert, dass die soziale Staffelung diesmal über Fixund Einmalzahlungen erfolgt und nicht über höhere Prozentsätze, eine Vorgehensweise, die das Pensionssystem in den vergangenen Jahren immer stärker belastet habe. Allerdings müssten sich die erwerbstätigen Pensionsbeitragszahler auf Lohnabschlüsse unter der Inflationsrate und damit Reallohnverluste einstellen; das halte man für unfair.
Staffelung über fixe Beträge und Einmalzahlungen