Missbrauchsskandal weitet sich immer mehr aus
WIEN. Im Missbrauchsfall um einen Sportlehrer, der bis zu seinem Suizid im Mai 2019 an
einer Wiener Mittelschule etliche Buben missbraucht haben dürfte, gibt es weitere Betroffene in einem Feriencamp am Wolfgangsee. Die beiden möglichen Mittäter waren ebenfalls dort tätig, gab der Verein Ferienhort – eine große Einrichtung, die seit 1888 besteht und Sommercamps
für Kinder und Jugendliche veranstaltet – bekannt.
Wie Philipp Schrangl, Vorstandsmitglied und Rechtsberater des Vereins, mitteilte, hat sich ein weiterer Betroffener gemeldet. Bei dem Vorfall habe es sich um „keine Vergewaltigung“gehandelt, „aber das Opfer hat es als sexuellen Übergriff empfunden“, sagte Schrangl. Man werde den Betroffenen – dessen Wünschen entsprechend – entweder zur Polizei begleiten, um den
Sachverhalt aufnehmen zu lassen, oder den Weißen Ring bitten, den Mann zu unterstützen.
Indes gerät im inzwischen weitverzweigten Missbrauchsfall die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA) in ein schiefes Licht. Die dem Kindeswohl verpflichtete Ombudsstelle wusste seit Herbst 2018 vom übergriffigen Verhalten eines
möglichen Mittäters, informierte aber nicht die Staatsanwaltschaft. Wie berichtet, war in der Basketballszene das Verhalten des Mannes seit Längerem Gesprächsthema. Er wurde beobachtet, wie er während Turnieren Buben aus seiner Mannschaft körperlich sehr nahe kam. Schließlich nahm sich der
Wiener Basketballverband (WBV) im Herbst 2018 dieses Themas an,
wobei die KJA beigezogen wurde.
Jugendanwaltschaft war informiert
Es kam am 26. November 2018 zu einem Treffen zwischen Vertretern des betroffenen Vereins, des Verbands und einer Vertreterin der KJA, bei dem die Situation besprochen wurde. Bei einem Termin am 13. Dezember 2018 wurde der Trainer mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Es wurde mit ihm eine Vereinbarung getroffen, die vorsah, dass der Mann „Hilfsdienste“in der Garderobe einstellen musste, keine
körperliche Nähe mehr suchen und Kinder unter 14 Jahren nicht mehr trainieren durfte und sich der Kontakt zu Jugendlichen auf die Vereinsöffentlichkeit zu beschränken
hatte. Im Gegenzug wurde von einer Anzeige abgesehen – mit Zustimmung der KJA.