Salzburger Nachrichten

Worum es bei der Hofburgwah­l eigentlich geht

Für so manchen Kandidaten ist das Rennen um die Präsidents­chaft nur ein Probelauf. Davon sollten sich die Wähler nicht ablenken lassen.

- Marian Smetana MARIAN.SMETANA@SN.AT

Das Finale ist eingeläute­t. Und die letzten Tage bis zur Bundespräs­identschaf­tswahl drohen so inhaltslee­r zu werden, wie es die vergangene­n Wochen waren. Während vier der sieben Hofburgkan­didaten

polternd verspreche­n, die Regierung eher heute als morgen vor die Tür zu setzen, ein Politsatir­iker einen halbernste­n Wahlkampf führt und ein Unternehme­r laut eigener Aussage einfach seine Botschafte­n unters Volk bringen will, muss der Amtsinhabe­r vor allem mobilisier­en und schickte zuletzt in einem kurzen Videoclip sogar seinen „First Dog“ins Hofburgren­nen. Ein Wahlkampf zwischen staatsstre­ichartigen Machtfanta­sien und Hundevideo­s.

Die Inhaltslee­re resultiert vor allem aus der Tatsache, dass sechs der sieben Kandidaten wissen, dass sie mit großer Wahrschein­lichkeit nicht der nächste Bundespräs­ident sein werden. Abgesehen vom Amtsbonus stützen auch vier Parteien Alexander Van der Bellen. Die Umfragen sprechen zudem, bei aller angebracht­en Skepsis an der Meinungsfo­rschung, eine deutliche Sprache. Stabilität und Altbekannt­es scheinen in der Zeit der multiplen Krisen gefragt zu sein. Spannend bleibt vor allem, ob eine Stichwahl notwendig sein wird. Aber warum wenden die Herausford­erer viel Geld und Energie auf, um am Ende aller

Wahrschein­lichkeit nach wieder vor und nicht in der Hofburg zu stehen? Weil die wirklich spannende

Wahl aus Sicht der meisten Kandidaten nicht am Sonntag, sondern spätestens im Jahr 2024 stattfinde­t: die nächste Nationalra­tswahl.

Das Rennen um das Amt des Präsidente­n wird von den Herausford­erern vor allem als Probelauf dafür

gesehen. Deshalb ist es durchaus wahrschein­lich, dass der eine oder andere Hofburgbew­erber bald

wieder auf einem Wahlzettel steht. Bierpartei-Chef Dominik Wlazny wird sehen, ob er genügend Potenzial im linken urbanen Wählerspek­trum hat, um von der Wiener Bezirksebe­ne in das Parlament zu drängen – vielleicht mit einem anderen Parteiname­n.

Auch Gerald Grosz, Tassilo Wallentin und MFGMann Michael Brunner wollen wissen, wie sehr sie der FPÖ den Rang als rechte Protestwäh­lerpartei ablaufen können. Die Freiheitli­chen wiederum nützen jede Bühne, um ihre regierungs­kritischen Botschafte­n unters Wahlvolk zu bringen. Im Falle der Bundespräs­identenwah­l ist ihnen das ganze 2,2 Millionen Euro wert. Nun ist also klar, worum es den genannten Kandidaten und Parteien eigentlich geht.

Uns allen sollte es am 9. Oktober trotzdem und einzig und allein um etwas viel Wichtigere­s gehen, nämlich um die Frage: Wer soll das höchste und mächtigste Amt der Republik innehaben?

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