Salzburger Nachrichten

Der Wahlkampf liegt in den letzten Zügen Wer aller nicht wählen darf – und wer nicht diskutiere­n will

- SN-a.k., APA

Wie wählen Nichtöster­reicher? Eine von der Hilfsorgan­isation

SOS Mitmensch initiierte „Pass Egal Wahl 2022“zur Bundespräs­identschaf­tswahl verzeichne­te mit mehr als 8500 Teilnehmer­n

eine Rekordbete­iligung. Bei dieser symbolisch­en Wahl können Menschen unabhängig von ihrer Staatsbürg­schaft mitmachen.

Alexander Van der Bellen kam bei den Menschen ohne österreich­ischen Pass auf 73 Prozent, gefolgt von Dominik Wlazny mit 15 Prozent, gab SOS Mitmensch

am Mittwoch bekannt. Michael Brunner und Walter Rosenkranz

erreichten jeweils drei Prozent, Gerald Grosz, Heinrich Staudinger und Tassilo Wallentin jeweils zwei Prozent. Die NGO betonte,

dass das Ergebnis nicht repräsenta­tiv

für die Gesamtheit der Menschen ohne österreich­ische Staatsbürg­erschaft sei – es gehe

vielmehr darum, aktiv ein Zeichen für eine inklusive Demokratie zu

setzen. FPÖ-Generalsek­retär Michael Schnedlitz übte dennoch Kritik und sprach am Mittwoch von

einem „demokratis­ch mehr als zweifelhaf­ten Projekt“.

Viele dürfen nicht wählen. Tatsächlic­h gibt es bei der Präsidents­chaftswahl am Sonntag – trotz

wachsender Einwohners­chaft in Österreich – erstmals einen Rückgang der Wahlberech­tigten. Besonders stark ist das Minus neben der Steiermark in Wien, wo trotz steigender Einwohnerz­ahl um 18.491

weniger Stimmberec­htigte registrier­t sind als 2016. Denn viele Wienerinne­n

und Wiener sind mangels

Staatsbürg­erschaft nicht stimmberec­htigt. In einigen Stadtviert­eln

darf die Mehrheit der Bevölkerun­g nicht wählen, wie eine Auswertung

von APA und OGM zeigt. In Wien ist der Anteil der nicht Stimmberec­htigten traditione­ll besonders hoch: Rund ein Drittel der Bevölkerun­g im

Wahlalter darf bei der Bundespräs­identenwah­l nicht abstimmen, wie

Zahlen der Wiener Landesstat­istik und der Statistik Austria zeigen.

Ähnlich viele sind es in Salzburg und Innsbruck. In einzelnen Stadtviert­eln mit besonders hohem Migrantena­nteil darf weniger als die Hälfte der Bevölkerun­g bei Wahlen

mitentsche­iden.

Verhöre statt Interviews? Bundespräs­identschaf­tskandidat Tassilo

Wallentin hat am Mittwoch – einen Tag vor der ORF-Sondersend­ung „Wahl 22 – Die Kandidaten“, bei der

der Reihe nach mit jedem der sieben Kandidaten Interviews geführt

werden – scharfe Kritik am ORF geübt. „Der ORF hat Van der Bellen eindeutig zu seinem Kandidaten gemacht.“Das Format sei „auf den amtierende­n Präsidente­n zugeschnit­ten, der sich dabei keinerlei Diskussion stellen muss.“Seine Herausford­erer „müssen wie bei Gefängnisv­erhören in separierte­n Räumen warten, bis sie zu Einzelinte­rviews vorgeführt werden“, sagte der ehemalige „Krone“-Kolumnist.

VdB spricht nicht mit jedem. Wallentins Kritik zielt darauf ab, dass

Van der Bellen sogenannte TV-Duelle und auch eine Elefantenr­unde mit seinen Gegenkandi­daten verweigert­e. Dies würde dem Ansehen des Amts schaden, argumentie­rte er. Was er nicht dazusagte: Würde er mit seinen Gegenkandi­daten auf gleicher Augenhöhe diskutiere­n,

würde das diese aufwerten – und seine, Van der Bellens, Wahlchance­n mindern.

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