Salzburger Nachrichten

Keine Renaissanc­e der Atomkraft in Sicht

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BERLIN. Steigende Energiepre­ise,

befeuert durch den Ukraine-Krieg, und die Abhängigke­it vom russischen Gas: Nicht nur vor diesem

Hintergrun­d hofft die AKW-Branche auf Aufwind. Atomenergi­e gilt auch als grüne Energie in dem Sinn, dass sie keine CO2-Emissionen verursacht. Eine Energieque­lle der Zukunft also? Mitnichten, zeigt der aktuelle World Nuclear Industry

Status Report (WNISR) des Energieexp­erten Mycle Schneider.

Laut der diesjährig­en Ausgabe seines Reports, die am Mittwoch in Berlin vorgestell­t wurde, bleibt

Atomkraft teuer. Selbst wenn man „kleine modulare Reaktoren“(SMRs) betrachtet, die als Zukunftsho­ffnung gelten. Schneider zitiert dazu mehrere Quellen, die errechnen, dass die Megawattst­unde aus

Atomkraft noch immer um mindestens das Dreifache teurer ist als die Megawattst­unde aus Wind- oder Solarenerg­ie. Es gebe kein Szenario,

ist Schneiders Fazit, in dem SMRs selbst unter besten Umständen wirtschaft­lich werden könnten.

Abgesehen vom finanziell­en Aspekt ist die lange Bauzeit von Atomkraftw­erken weiter ein Hindernisg­rund beim Ausbau. Von derzeit 53

weltweit im Bau befindlich­en Reaktoren gibt es bei 26 eine Verzögerun­g. Im vergangene­n Jahr gingen

weltweit nur sechs neue Reaktoren ans Netz, wobei drei davon in China

stehen. Fünf weitere waren es weltweit

im ersten Halbjahr 2022, zwei davon in China.

China liegt auch das zweite Jahr in Folge nach den USA und noch vor Frankreich auf dem zweiten Platz

bei der weltweiten Atomstrome­rzeugung. Und dennoch: Im vergangene­n Jahr stieg die Energiegew­innung im Bereich der Erneuerbar­en selbst in China am stärksten. Der Ertrag bei Windenergi­e legte um 40 Prozent, jener von Solarenerg­ie um 25 Prozent zu. Die Erzeugung von Atomstrom nur um 11 Prozent.

Außerhalb von China werden aktuell in Argentinie­n, Bangladesc­h, Belarus, Frankreich, Indien, im Iran,

in Japan, Russland, der Slowakei, Südkorea, in der Türkei und in den

Vereinigte­n Arabischen Emiraten Reaktoren gebaut, der Baustart liegt

bei den meisten einige Jahre zurück. Der dominieren­de Staat bei der Konstrukti­on von neuen AKW ist internatio­nal Russland.

Welche Auswirkung­en die wegen des Ukraine-Kriegs gegen Moskau

gerichtete­n Sanktionen auf AKWProjekt­e mit russischer Beteiligun­g

haben werden, ist laut Schneider noch nicht absehbar.

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