Starkoch hatte einen „Negativkellner“
Zu Beginn seines Steuerstrafprozesses in München gab es kein Geständnis des bayerischen Starkochs Alfons Schuhbeck (73). Sein EDV-Berater hingegen gab zu, bei der Hinterziehung von mehr als 2,3 Millionen Euro geholfen zu haben.
Das Gesicht bleich und schmal, der Blick wanderte manchmal in Richtung der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und zum Gericht, blieb aber über weite Strecken zum Boden gerichtet: So verfolgte
Alfons Schuhbeck, gefeierter Kochkünstler, Multiunternehmer in der Münchner Gastronomie und durch seine Kochshows und Gewürzläden
im deutschsprachigen Raum ein Star seiner Zunft, den Beginn des „Ingwer-Prozesses“am Mittwoch
im Münchner Justizpalast. Die Münchner Strafjustiz hat das Verfahren, in dem es um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe geht,
nach einem der Lieblingsgewürze des 73-jährigen Kochs benannt.
Schuhbeck und seine drei Verteidiger wollen die Anklage zerpflücken. Einer der Anwälte, Sascha König, verlas eine Erklärung. Demnach gebe es erhebliche Zweifel an dem, was Steuerfahndung und Finanzamt an Zutaten zusammentrugen und was in einer Anklage der Staatsanwaltschaft mündete. Es gebe zwar „Unregelmäßigkeiten bei den Daten“über die Kassen in den Schuhbeck-Firmen, doch keine Beweise, dass der Firmenchef selbst Manipulationen gemacht habe. König: „Möglicherweise stellt sich hierbei am Ende des Verfahrens heraus, dass Herr Schuhbeck nicht Täter, sondern selbst Opfer ist, weil nicht nur der Fiskus, sondern zuvorderst er betrogen wurde.“Es wurde in den Raum gestellt, bisher
unbekannte Täter könnten Abrechnungen manipuliert haben.
Aus dem Mund der Vorsitzenden Richterin Andrea Wagner hörte sich das ganz anders an: Sie berichtete –
wie in der deutschen Strafprozessordnung vorgeschrieben – der Öffentlichkeit über die bisherigen
Verhandlungen zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht. Demnach sehe die Kammer im Fall des Nobelrestaurants Orlando in München eindeutig die Verkürzungen der Umsätze durch ein EDV-Programm und einen „dringenden Tatverdacht“. „Das Tool kam hartnäckig zum Einsatz“, sagte
Wagner. Wenn man sich so ein Programm zulege, „widerspricht die Nichtbenutzung der Lebenserfahrung“, so die Richterin. Ab 2014 habe
es diesen „Negativkellner“gegeben. Schuhbeck selbst habe die Vorgänge in seinen Lokalen überwacht und die Abrechnungen kontrolliert.
Die Staatsanwaltschaft wirft Schuhbeck vor, von 2009 bis 2016 als Geschäftsführer der Schuhbeck’s Orlando GmbH, der Schuhbeck’s Am Platzl GmbH und der Schuhbeck’s Holding GmbH & Co. KG durch manipulierte Abrechnungen Einkommensteuer sowie Umsatzund Gewerbesteuer um insgesamt 2,37 Millionen Euro verkürzt zu haben. Zusätzlich habe er so für seine Gesellschaften – unter anderem durch Verlustvorträge – Steuervorteile von mehr als 1,1 Millionen Euro erlangt. Geholfen habe ihm dabei Jürgen W. (65), sein langjähriger EDV-Berater. Dieser räumte alle
Vorwürfe ein: „Mir war klar, dass er manipulieren wollte, aber ich war wegen der Schulden aus der Insolvenz einer EDV-Firma auf den Job angewiesen.“Daher habe er dem
Chef das Programm geschrieben.