„Wir haben die Hausaufgaben erledigt“
Salzburgs Verkehrslandesrat im Gespräch über den Status des S-Link, Fortschritte beim Obus und die Bilanz des Stausommers auf der A10.
Bei den Salzburger Verkehrstagen steht auch dieses Jahr die Zukunft des öffentlichen Verkehrs im Fokus
– nicht nur, aber vor allem auch im Hinblick auf den Großraum Salzburg.
SN: Herr Schnöll, wie geht es dem Projekt S-Link?
Stefan Schnöll: Wir haben die Hausaufgaben gemacht und akribisch geplant, uns den Untergrund ganz genau angeschaut. Der nächste Schritt ist die Einreichung des Projekts zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Das stellt deswegen eine große Hürde dar, weil wir uns selbst zum Ziel gesetzt haben, die gesamte Strecke vom Bahnhof bis nach Hallein einzureichen, nicht nur einzelne Bauetappen. Das ist manchmal etwas mühsam, darum dauert vieles auch länger. Aber ich glaube, dass sich das schlussendlich bezahlt machen wird.
SN: Gibt es für die UVP einen konkreten Zeitplan?
Wir haben immer den Baubeginn Ende 2023 als Ziel genannt. Wenn es Anfang 2024 wird, dann ist es so.
Was die Einreichung angeht, werden wir sicher in den kommenden Monaten Gewissheit haben. Ich
gehe davon aus, dass es danach schnell gehen kann.
Ein Kritikpunkt, der häufig genannt wurde, ist die Budgetierung. Für den ersten Bauabschnitt sind aktuell 200 Millionen eingeplant. Wie fix ist diese Zahl?
SN:
Man muss so ehrlich sein, dass man aus heutiger Sicht nicht seriös abschätzen kann, wie sich die Kosten
hier noch verändern. Deshalb ist die Budgetierung solcher Großprojekte
ja so kompliziert. Was wir allerdings tun können, ist, das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Je mehr wir über den Untergrund wissen, desto geringer das finanzielle Risiko. Darüber hinaus operieren wir mit einem beträchtlichen RisikoAufschlag von aktuell 35 Prozent. Das ist vermutlich mehr als bei allen anderen Projekten. Da sind wir lieber vorsichtig. Wir leben in dynamischen Zeiten, man kann nicht ausschließen, dass externe Faktoren
die Kosten noch weiter steigen lassen.
SN: Wird es bei der Präsentation der verbleibenden Trasse bis nach Hallein auch einen fixen Kostenrahmen geben?
Ja, die Finanzierung und deren Aufteilungsschlüssel. Das Budget bis zum Mirabellplatz wird ja nach dem Schlüssel 25–25–50 zwischen Stadt, Land und Bund aufgeteilt. Für das Gesamtprojekt haben wir mit dem
Bund einen Rahmenvertrag geschlossen, der uns garantiert, dass auf jeden Fall 50 Prozent mitfinanziert werden. Wir werden diesbezüglich auf jeden Fall lästig bleiben. Und sollte es eine neue Regierung geben, starten wir deshalb nicht
wieder bei null.
Aus heutiger Sicht findet die nächste Wahl ja auf Landesebene statt. Ist der S-Link politisch hieb- und stichfest?
SN:
Ja, immer vorbehaltlich der Beschlüsse, die getroffen werden.
Aber es wird nicht so sein, dass irgendwann eine Landesregierung im
Amt ist, die davon nichts gewusst hat. Und natürlich hängt der S-Link auch nicht von meiner Person ab, es
wird andere Politiker geben.
Zuletzt gab es Anrainerproteste rund um den Abriss einer Geschäftszeile in der Rainerstraße. Wie wollen Sie mit solchen Angelegenheiten in Zukunft umgehen, in Hinblick auf den langen Trassenverlauf entlang der Alpenstraße?
SN:
Wir haben stets versucht, mit diesen Themen sensibel umzugehen.
Allerdings bin ich Realist genug, um zu erkennen, dass Immobilienbesitzer, die direkt betroffen sein werden, vermutlich kaum zu großen Fürsprechern des Projekts werden. Es gibt gesetzliche Grundlagen, die Entschädigungen möglich machen.
Ich habe aber nie versucht zu beschönigen, dass es noch weitere
Aufreger geben wird. Uns ist bewusst, dass der S-Link ein MegaBauprojekt für Salzburg wird.
Sie haben den S-Link wiederholt als Gesamtprojekt skizziert, zu dem auch mögliche Anschlüsse gehören, etwa die Messebahn, das Stieglgleis oder ein Anschluss zur Leube. Welches Projekt hat die besten Chancen auf Realisierung?
SN:
Mit einer Reihung tu ich mir schwer.
Sollte eines dieser Vorhaben besonders leicht umsetzbar sein, würde es natürlich vorgereiht. Eine positive Wirkung hätten alle diese Pläne: Die Messebahn vor allem, wenn es um touristische Verkehrsströme
geht, die Leube bei der Verlagerung der Güter auf die Schiene. Und das Stieglgleis wird uns in Zukunft ohnehin öfter beschäftigen. Hier müssen wir entscheiden, ob wir das Gleis für den Nahverkehr nutzen
wollen. Eine Gesamtvision ist wichtig, dennoch planen wir etappenweise
sehr akribisch bis zum Mirabellplatz und dann weiter.
Kommen wir zum Obus. Dieser hat in letzter Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung ja etwas gelitten, Stichwort Personalmangel. Dabei sollte es ja eigentlich besser werden. Wie weit sind Sie bei dem Vorhaben, das Obus-System in Salzburg voranzubringen?
SN:
Grundsätzlich hat momentan ja jeder Probleme mit dem Personal. Das
betrifft den Regionalbus ebenso wie den Obus. Ganz allgemein haben wir uns bewusst die Zeit genommen, um das bestehende Konzept zu analysieren. Weil wir gesehen haben, dass hier noch riesiges Potenzial besteht. Das hat die betreffende Studie eindrucksvoll gezeigt. Im Anschluss sind wir relativ schnell ins Handeln gekommen
und werden nun die ersten Anpassungen bereits mit dem Fahrplanwechsel im Dezember umsetzen. Ein Beispiel dafür sind die Busse, die aus Großgmain kommen und durch einen Korridor im Stadtgebiet fahren. Auch die Linien 180, 181 und die neue Linie 36 sind Ausfluss aus diesem Konzept. Es werden natürlich noch weitere Adaptierungen folgen. Auch unabhängig vom SLink wollen wir den Verkehr möglichst entzerren, weil wir zu viele Salzachquerungen haben. Dass sich die Busse teilweise selbst im Weg stehen, ist empirisch auch belegbar.
Wäre es nicht sinnvoller, das Obus-Netz einmal rundum an die neuen Verhältnisse anzupassen, anstatt laufend zu adaptieren?
SN:
Dieser Einwand ist schon berechtigt. Allerdings handelt es sich um einen dynamischen Prozess. Wenn
beispielsweise neue Siedlungen entstehen, muss sich der öffentliche
Verkehr anpassen. Das Spannungsfeld besteht zwischen der
Verlässlichkeit im Fahrplan und einem flexibleren System, das reagieren kann, auch auf Baustellen wie
beim S-Link.
Nächstes Thema: Straßenverkehr. Wir fällt Ihre Bilanz nach diesem stauintensiven Sommer aus?
SN:
Es war wieder ein schwieriger Sommer, aber ich glaube, behaupten zu dürfen, dass es besser funktioniert
hat als im vorigen Jahr. Wir haben ein dreistufiges System eingesetzt, angefangen bei den Navi-Anbietern, über die Asfinag bis hin zu den
privaten Sicherheitsteams, die die Kontrollen durchführen. Das ist uns in vielen Fällen gut gelungen. Wo es letztes Jahr weniger gut geklappt hat, etwa in Golling, Pfarrwerfen oder Kuchl, war es heuer wesentlich
besser. Dafür haben wir vermehrt Probleme im Pongau gehabt. Es ist unglaublich schwer, das im Detail
vorauszusehen. Man müsste jede einzelne Straße sperren und kontrollieren lassen.
Wie weit sind Sie mit Ihren Bemühungen bei der Asfinag um eine bessere Baustellenkoordination?
SN:
Wir sind laufend in Gesprächen. Einige Baustellen hatten heuer sogar einen positiven, dosierenden Effekt. Was wir angesichts des massiven Verkehrsaufkommens schon andenken müssen, ist eine Geschwindigkeit, die so verträglich ist, dass sie Unfälle unwahrscheinlicher macht.
SN: Wenn Sie das Tempolimit ansprechen, fällt einem gleich der auslaufende Luft-Hunderter ein. Gibt es Überlegungen, das Tempo angesichts der aktuellen Entwicklungen eher
zu senken als anzuheben?
Da haben vor allem massive Sicherheitsbedenken eine Rolle gespielt,
was die Tempodifferenz zwischen Lkw und Pkw angeht. Generell halte ich es für die bessere Idee, für den
Umstieg auf die Öffis zu plädieren, als zu sehr mit Tempolimits zu hantieren. Vor allem, weil sich die Experten zum Einsparungspotenzial uneinig sind. Das ist eine symbolische Debatte, da haben wir größere
Hebel zur Verfügung.
„Bei der Finanzierung durch den Bund bleiben wir auf jeden Fall lästig.“Stefan Schnöll, Verkehrslandesrat