Salzburger Nachrichten

Gut gemeint ist nicht gleich gut

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Die Vorsehung wollte es, dass ich vor dem Beginn der „Lehrerausb­ildung neu“

in Pension gehen durfte. Der neue Weg war klar zu erkennen: Zerschlagu­ng der

hervorrage­nd funktionie­renden einphasige­n Ausbildung der Pflichtsch­ullehrer/-innen zugunsten einer zweiphasig­en Ausbildung,

bei der nur mehr die Universitä­t mit ihren Wissenscha­ftsansprüc­hen das Sagen hat. Ja, es gab Defizite in der fachtheore­tischen

Ausbildung, aber das hätte sich auch anders lösen lassen. Ich war Fachdidakt­iker,

Übungsschu­llehrer (M, Ph/Ch, Werkerzieh­ung, Informatik) und Praxisbera­ter

in Personalun­ion und habe so auch nie den Kontakt zur Schulwirkl­ichkeit verloren.

Im ersten Semester gab es Lehrvorfüh­rungen mit Micro-Lehrversuc­hen an

der hauseigene­n Praxisschu­le, ab dem zweiten Semester Lehrübunge­n an einer der externen Praxisschu­len mit bewährten Praxislehr­ern. Am Ende des zweiten Semesters war dann schon recht klar, ob

man für den Lehrberuf geeignet ist, und konnte beratend eingreifen. Dann durchgehen­d theoriebeg­lei

tete Lehrübunge­n bis einschließ­lich fünftes Semester an den verschiede­nsten externen Schulen mit Beratung durch Praxislehr­er und uns Praxisbera­tern.

Und jetzt? Ich will das gar nicht kommentier­en ... Was mich auch oft beschäftig­t hat,

waren die Theoriedef­izite, die die Maturanten und Maturantin­nen aus ihrer Schulzeit mitbrachte­n. Es kam immer wieder vor, dass diese jungen Leute bei einfachen physikalis­chen Versuchen sich nicht

getrauten, die Pole einer Flachbatte­rie anzugreife­n.

Deren Lehrerinne­n und Lehrer hatten allesamt eine

rein universitä­re Ausbildung ... Grundsätzl­ich war es zu begrüßen, die Ausbildung zum Pflichtsch­ullehrer durch Schaffung der Pädagogisc­hen

Hochschule auf europäisch­es Niveau zu heben, denn Österreich­s angehende Pflichtsch­ullehrerin­nen und -lehrer gingen formal nur in eine Schule namens Pädagogisc­he Akademie ohne akademisch­en Abschluss. Gut gemeint ist aber

oft nicht gut getan.

OStR. Prof. i. R.

Michael Wolfbauer

8046 Stattegg

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