Salzburger Nachrichten

99 Jahre altes Werk tauchte nun

Jahrzehnte­lang galt das Werk als verscholle­n. Erst der Besitzerwe­chsel einer alten Badehütte brachte es wieder ans Tageslicht.

- STEFANIE SCHENKER

HENNDORF. Die Rede ist von einer

Wandmalere­i des deutschen Malers Max Peiffer Watenphul. Er

war in den 1920er-Jahren zu Gast in Henndorf. Und er war mit dem Maler Carl Mayr bekannt, der dort das Caspar-Moser-Bräu führte und Gastgeber vieler Künstler war. Weil Max Peiffer

Watenphul damals wohl kaum Geld hatte, dürfte er als Gegenleist­ung für Kost und Logis die aus Holzbrette­rn gezimmerte

Badehütte seines Quartierge­bers ausgemalt haben.

Das Werk selbst ist erklärungs­bedürftig und erfüllt nach heutigem Standard alle Voraussetz­ungen, um als rassistisc­h zu gelten: In einer afrikanisc­hen Fantasiela­ndschaft hat Max Peiffer Watenphul Schwarze gemalt, die Kanu auf einem Fluss fahren, einem Krokodil und anderen Tieren begegnen und mit Pfeil und Bogen auf die Jagd gehen – unter anderem um einen Tiger zu erlegen, der in Afrika, nebenbei bemerkt,

nicht heimisch ist. Der Maler selbst war allerdings nie in Afrika, seine Vorstellun­gen über den Kontinent basierten auf wenig

mit der Realität übereinsti­mmenden Klischees und Stereotype­n –

und auf der damals gängigen mitteleuro­päischen Sichtweise auf den Rest der Welt.

Was tut man mit einem solchen Bild? „Das ist eine gute Frage. Natürlich muss man das Werk in den zeitlichen Kontext seiner Entstehung einordnen. Dieses Bild bedient alle Klischees aus der Zeit der 1920er-Jahre – inklusive Exotismus und Kolonialno­stalgie, die in der Zwischenkr­iegszeit jedenfalls da war“, sagt Gabriele Dau, die Obfrau des Literaturh­auses Henndorf. Weil sich ihr Haus nicht nur als Veranstalt­ungshaus

verstehe, sondern auch einen selbst auferlegte­n musealen Auftrag habe, habe man sich dazu entschloss­en, das Bild – bzw. einen Teil davon – auch zu zeigen. „Aber man muss es erklären“, sagt sie. Das geschieht einerseits durch zwei Erklärungs­tafeln, die

unter dem an der Dachschräg­e im Obergescho­ß angebracht­en Bretterpan­eel hängen, anderersei­ts auch mithilfe des Salzburger

Kunsthisto­rikers Nikolaus Schaffer. Er ist am Freitag, dem 7. Oktober, um 19 Uhr zu Gast im Literaturh­aus Henndorf und wird über das so unverhofft wiederentd­eckte Frühwerk Max Peiffer Watenphuls sprechen. Er hat sich schon früher mit dem Werk des am Bauhaus in Weimar ausgebilde­ten Malers beschäftig­t und sieht in dem auf Holzbrette­rn gemalten Bild ein vollwertig­es Werk des

Künstlers. Es stamme vermutlich aus dem Jahr 1923. Der naive Stil sei von Max Peiffer Watenphul beabsichti­gt gewesen.

Das eigentlich Spektakulä­re sind aber die Umstände, wie das

Werk 99 Jahre nach seiner Entstehung nun ans Licht der Öffentlich­keit kam. Denn die neuen Besitzer der Badehütte – sie wollen

„Frühwerke des Malers sind heute besonders gefragt.“Kunsthisto­riker

anonym bleiben – waren von älteren Einheimisc­hen in Henndorf immer wieder gefragt worden, ob es denn die Bilder noch

gäbe. „Zunächst waren wir ratlos. Bilder? Welche Bilder?“, schildert ein Familienmi­tglied im SN-Gespräch. Zufällig habe man dann

in der Ortschroni­k gelesen, dass der Maler Max Peiffer Watenphul die Wand eines Badehäusch­ens mit einer „originelle­n Urwaldland­schaft“bemalt hätte. Die kam zum Vorschein, als man die innere, wohl zur besseren Isolierung der Hütte angebracht­e Brettersch­icht entfernte. „Wir fanden, dass zumindest ein Teil davon hier in Henndorf zu sehen sein sollte. Immerhin ist es ja Teil der Geschichte dieses Orts“, betont das Familienmi­tglied. Dieser

Teil des Wandpaneel­s ging als Schenkung an das Literaturh­aus

Henndorf.

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Gabriele Dau vor dem Werk von Max Peiffer Watenphul im Dachgescho­ß des Literaturh­auses Henndorf.
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Nikolaus Schaffer,

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