Salzburger Nachrichten

Das wahre Tor zur Hölle

Über verschiede­ne Horrorszen­arien im österreich­ischen Fernsehen.

- QUER SCHLÄGER Fritz Messner

Am letzten Sonntag versuchte sich der österreich­ische Tatort im Genre Horrorfilm.

Wohl um der Altersstru­ktur der Seher entgegenzu­kommen, wurden vor allem Gruselklis­chees aus den 70ern verwurstet. Bilder fielen von zitternden Wänden, Blut sprudelte aus dem Bassena-Abfluss, ein Mädchen im Nachthemd verdrehte die Augen und ein verrückter Professor mordete sich durch Wien, weil er dort das titelgeben­de Tor zur Hölle vermutete. Eh lieb.

Wirklich gruselig waren dagegen die Fernsehauf­tritte der Kandidaten für die Bundespräs­identenwah­l in den verschiede­nen Sendern. Da bot eine Gruppe von durch und durch von sich selbst Besessenen eine Fahrt durch das politische Gruselkabi­nett, die nichts zu wünschen übrig ließ. Von wilden Verschwöru­ngstheorie­n,

bei denen sich in bizarrer Weise ganz

Links und ganz Rechts punktgenau trafen,

bis hin zu verfassung­staktische­n Phantasien über die Entlassung der Regierung

und die Marginalis­ierung des Parlaments, die fatal an die 1930er-Jahre erinnerten,

wurde nichts ausgelasse­n. Der brav gescheitel­te Bierpunker wirkte in diesem Reigen meistens wie ein Sängerknab­en-Novize, der auf der Bühne eines RammsteinK­onzerts versucht, „Sah’ ein Knab’ ein Röslein steh’n“zu trällern.

Es ist schon klar, als Demokrat muss man auch solche Kandidaten aushalten, sein Unbehagen darf man aber trotzdem artikulier­en. Und dass die großen Parteien,

die sich immer als staatstrag­end darstellen, zuerst keinen eigenen Kandidaten aufstellen und sich dann aus taktischen Gründen oder aus Revanchege­lüsten nicht zu dem

unwürdigen Schauspiel äußern, ist auch ein Armutszeug­nis. Bleibt nur zu hoffen, dass der Wähler diesem demokratie­politische­n Kettensäge­nmassaker bald ein Ende

bereitet.

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