Salzburger Nachrichten

Das Heeresbudg­et wird erhöht. Immerhin.

Mehr Geld für die Landesvert­eidigung, das ist eine gute Nachricht. Aber es ist nicht alles.

- LEITARTIKE­L Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Mehr als sieben Monate ist es her, dass Russland die

Ukraine überfallen hat. Mehr als sieben Monate hat Österreich gebraucht, um auf diese dramatisch­e

Rückkehr des Kriegs nach Europa zu reagieren. Nun aber ist es so weit, das Budget des Bundesheer­s wird erhöht, und wie immer in solchen Fällen steht man vor der Frage, ob man die Feldflasch­e nun als halb voll oder halb leer ansehen soll.

Beginnen wir mit dem „halb leer“: Die Budgetanhe­bung ist weit von dem entfernt, was ursprüngli­ch

versproche­n und von Experten für notwendig erachtet wurde. Eine glaubwürdi­ge, eigenständ­ige Verteidigu­ng, zu der Österreich als neutraler Staat imstande sein müsste und sogar verpflicht­et wäre, wird auch mit dem neuen Budget nicht möglich sein.

Anderersei­ts – und damit kommen wir zum „halb voll“– ist es ÖVP und Grünen zugutezuha­lten, dass sie den ruinösen Sparkurs in der Landesvert­eidigung

beenden und dem Heer eine gewisse Planungspe­rspektive bieten. Es werden Milliarden in eine bessere

Verteidigu­ng fließen. Das kann für die Grünen, die das Bundesheer noch vor wenigen Jahren zu einer

unbewaffne­ten Minitruppe zum Katastroph­enschutz degradiere­n wollten, nicht leicht gewesen sein. Dass sie dereinst für Investitio­nen in die Bewaffnung der

Eurofighte­r stimmen würden, hätten sich die Grünen damals nicht träumen lassen. Sie zeigen hier wirklich Regierungs­verantwort­ung.

Trotzdem bleibt es um die Sicherheit vor Angriffen aus der Luft schlecht bestellt. Gegen sie nützt

kein Kordon aus Nato-Staaten. Gegen KamikazeDr­ohnen, Hyperschal­lraketen und all die anderen Grauslichk­eiten, die uns der Ukraine-Krieg gezeigt

hat, helfen auch ein paar zusätzlich­e Budgetmill­iarden nichts. Raketenabw­ehr, das ist für Österreich eine Nummer zu groß. Was also tun? Auf diese Frage gibt es nur tosendes Schweigen.

Nichts wird es auch – das fällt wiederum unter „halb leer“– mit einem Vorhaben, das sich die Regierung im Koalitions­pakt ausdrückli­ch vorgenomme­n

hatte: der Wiederhers­tellung des verfassung­smäßigen Zustands des Heers, sprich der Rückkehr zum Milizsyste­m und verpflicht­enden Truppenübu­ngen. Dafür gibt es einfach keine Mehrheit in einem Land,

in dem laut einer häufig zitierten Umfrage nur 21 Prozent der Bevölkerun­g bereit wären, ihre Heimat

und ihr politische­s System mit der Waffe in der Hand zu verteidige­n. Diesen im internatio­nalen Vergleich extrem niedrigen Wehrwillen kann auch das neue, erhöhte Heeresbudg­et nicht ausgleiche­n.

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