Salzburger Nachrichten

Als plötzlich die Militärmus­ik verstummte …

Das Bundesheer hat harte Sparjahrze­hnte hinter sich – wirklichen Widerstand dagegen gab es nur ein einziges Mal.

- ALEXANDER PURGER

Das Bundesheer hat Jahrzehnte eines harten Sparkurses hinter sich. Als der Westen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs begann, die Friedensdi­vidende zu kassieren,

brachen auch für das österreich­ische Heer dürre Zeiten an. Die SPÖ

entwickelt­e das Sparkonzep­t des „Bundesheer light“. Die ÖVP schaffte die verpflicht­enden Truppenübu­ngen ab und verkürzte den Wehrdienst auf sechs Monate.

Für das Bundesheer bedeutete der Sparkurs weniger Personal, verfallend­e Kasernen, eingemotte­te Panzer, Höchstgren­zen für den Sprit, der verfahren werden durfte,

permanente Schließung­spläne und kein Geld für Investitio­nen. Proteste der Bevölkerun­g dagegen blieben aus. Bis auf ein einziges Mal:

Man schrieb das Jahr 2015. Dem Bundesheer war in den sechs Jahren davor ein komplettes Jahresbudg­et

gestrichen worden, nun sollte es in den folgenden vier Jahren noch einmal 250 Millionen Euro einsparen.

Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug (SPÖ) verfiel auf die Idee, das Geld

unter anderem bei der Militärmus­ik zu holen. Die Musikkapel­len in den

Bundesländ­ern sollten aufgelöst, zusammenge­legt oder zumindest

halbiert werden. Klug versprach sich davon Einsparung­en in Höhe

von sieben Millionen Euro. Plötzlich

war der Teufel los. Blasmusikv­ertreter in ganz Österreich bangten um ihren Nachwuchs, den sie traditione­ll aus der Militärmus­ik

bezogen, und riefen zu Protesten auf. In etlichen Städten und sogar auf dem Wiener Ballhauspl­atz ertönte Solidaritä­tsblasmusi­k für die Militärmus­ik, doch vergeblich:

Klug zog die Halbierung­spläne durch, die Militärmus­ik in ihrer gewohnten Besetzung verstummte.

Aber nicht für lange. Denn kaum waren die Einsparung­en durchgezog­en, wurde Klug (der dadurch schwere politische Schrammen davon getragen hatte) 2016 als Verteidigu­ngsministe­r durch Hans Peter Doskozil (ebenfalls SPÖ) abgelöst. Der heutige Landeshaup­tmann des Burgenland­es nutzte die Migrations­krise, um eine Trendwende zugunsten

des Bundesheer­es herbeizufü­hren. Statt minus 250 Millionen Euro sollte es plötzlich ein Plus

von 1,3 Milliarden Euro geben. Die Militärmus­ik wurde wieder hochgefahr­en, auch die Kaserne Tamsweg, die Klug zusperren wollte, wurde von Doskozil „gerettet“.

Der große Aufschwung für das Bundesheer blieb aber aus. Auch unter den Folgeregie­rungen dümpelte das Verteidigu­ngsbudget beständig zwischen 0,7 und 0,8 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es dahin. Nun wird wieder ins Auge gefasst, was die sogenannte Zilk-Reformkomm­ission schon vor 18 Jahren als Ziel vorgegeben hatte: ein Budget von ein Prozent des BIP.

 ?? BILD: SN/APA/DIETMAR MATHIS ?? Proteste gegen das Ende der Militärmus­ik 2015.
BILD: SN/APA/DIETMAR MATHIS Proteste gegen das Ende der Militärmus­ik 2015.

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