Zehn Volt machen kleine Dinge groß
10 Volt in Hallein ist ein „anderes“Festival. Es passiert im idealen Moment, um zu ahnen, wie wichtig Ö1 und FM4 für die Musikszene sind.
HALLEIN. Amelie Tobien weiß nicht, woher ihre Rührung kommt. Vom wenigen Schlaf der vergangenen Tage? Oder vom Grund für den wenigen Schlaf: dem Produzieren neuer Musik, die bald in Hallein zu hören sein wird? Bei Sessions mit anderen Musizierenden war viel zu
tun. Die Salzburger Songwriterin spielt mit ein paar anderen vom
Residency-Programm des neuen 10-Volt-Festivals ein paar Songs in der Intimität des Dachbodens von Schloss Wiespach.
Dieses neue Festival wagt eine Kombination aus „ganz normalen
Auftritten“und Überraschungen. „Wir sind mitten im Chorus. Der Song ist heute entstanden“, sagt Dominik Wendl von der Band Please Madame. Er sitzt auf einem Sofa in einem mit Aufnahmegeräten eingerichteten Zimmer im Schloss Wiespach. Neben ihm sitzt Songschreiberin Violetta Parisini. Im Halleiner Musikum arbeitet Ankathie Koi an einem Song, den sie nur ein paar Stunden später im Schloss Wiespach präsentieren wird. „Selten ist daheim so viel Zeit, da hält einen ja
immer etwas auf“, sagte die junge Mutter. Es sitzen dann in verschiedenen Räumen in der Stadt Musikerinnen
und Musiker, die sich schon kannten, und manche, die sich nur vom Hören kannten. Und nun arbeiten sie miteinander an Songs.
„Zwei Blöcke, die ineinandergreifen“, sagt Giovanna Fartacek, selber Musikerin und Obfrau des Vereins 10 Volt, über das Konzept. Zuerst
entstehen Kollaborationen. Der Output wird dann an zwei öffentlichen Festivaltagen auch live präsentiert. Da werden dann – unter anderem auf der Festspielbühne auf der Pernerinsel – auch andere
Künstlerinnen und Künstler auftreten. Nichts von dem, was geboten
wird, klingt wie Massenware, sondern das meiste ist fein gemachter
Indie-Pop. Auch um den Austausch dieser Szene zu fördern, gibt es das Festival. Es ist eine Szene, die auch
von der besonderen Radiolandschaft des Landes lebt, um die es derzeit Aufregung wegen möglicher
Einsparungen gibt. „Es ist bedrückend“, sagt Songschreiberin Parisini über erste Gerüchte nach Einsparungen beim Radiosender Ö1,
der ihr „Heimat ist, nicht nur als
Musikerin, sondern auch als Konsumentin“. „Es ist gut, dass man Tantiemen bekommt, wenn man eine ganze Nacht gespielt wird, aber
wichtiger ist, dass man den Leuten auffällt und die dann in Konzerte
gehen, denn so verdienen die meisten längst ihr Geld.“
Vor allem FM4 ist für die Gäste in Hallein bedeutend. „Ohne die Basis
und Startrampe, die dieser Sender seit Jahren bietet, gäbe es dieses Festival ja gar nicht“, sagt Mario Fartacek, der mit seiner Schwester Giovanna das Duo Mynth bildet. Die Dichte der Indie-Szene sei enorm – eben weil es Ö1 oder auch FM4 gibt.
Beim öffentlichen Teil des Festivals wird etwa auch Avec auftreten. Die Karriere der Songschreiberin
begann mit vielen Einsätzen auf FM4. Mittlerweile läuft sie auch bei anderen Sendern. Attwenger kommen auch. Attwenger gibt es zwar schon länger als den Sender FM4,
doch dass sie mit „Kaklakariada“–
vor 20 Jahren schon – so etwas wie einen kleinen Hit hatten, lag maßgeblich an FM4.
So weit ist es bei Amelie Tobien noch nicht. Sie sei gerührt von dem, was hier passiert, sagt sie. Ganz nah kommt man den
Auftretenden und die kommen ganz nahe mit ihren Songs. Im Dachboden im Schloss Wiespach spielt Tobien dann einen Song
gemeinsam mit Manuel Goditsch, in dem es heißt: „All the small things are big now.“„Wenn
wir die Nischen löschen, wird auch nichts nachkommen“, sagte
Violetta Parisini ein paar Stunden zuvor über die Angst vor rein ökonomischen Reformen beim öffentlich-rechtlichen Radio. „Es
geht da ja auch um einen gesellschaftspolitischen Auftrag.“
Eine Vielfalt, die beim Sender FM4 eine wichtige Basis hat
Festival: 10 Volt, 7. und 8. Oktober/diverse Orte in Hallein;
www.10-volt.com