Salzburger Nachrichten

Ein halbes Jahrhunder­t lang amüsante Höhenflüge im Theater

- HEINZ BAYER

SAALFELDEN. Theater am Land. In den späten 1960er-Jahren war das vielerorts eher mit einer herb-rustikalen Note durchsetzt.

In Saalfelden änderte sich das 1970 grundlegen­d. Der Gymnasiall­ehrer Gerhard Fetka gründete eine Theatergru­ppe. Mit dabei damals: Ernst Schaller, Helfried

Wolf, Gottfried Berka, Margot Dreger, Hannes Kirchmayr, Gerhard Eder und viele andere. 1971 erfolgte die Premiere. Mit Nestroys Posse „Der Talisman“.

Ein Erfolgslau­f begann. Die an sich selbst gestellten Ansprüche der ambitionie­rten Laientrupp­e

wuchsen mit Produktion­en wie Bert Brechts „Die Dreigrosch­enoper“oder Friedrich Dürrenmatt­s „Die Physiker“ein ums andere Mal. Unvergesse­n ist das grandiose Spiel der leider schon

verstorben­en Margot Dreger in Dürrenmatt­s „Der Besuch der alten Dame“. Spielort und Zuhause

waren der alte Saal des Gasthofes Hindenburg, dann das Kulturzent­rum Echo im Vorstadl. Seit zwanzig Jahren ist es das Kulturhaus Nexus.

Ab 1973 stellte die Theatergru­ppe Saalfelden Jahr für Jahr auch ein vom Publikum stets begeistert

angenommen­es Cabaret auf die Beine. Mit selbst erarbeitet­en Texten, viel Musik und starken inhaltlich­en Saalfelden-Bezügen. Ernst Schaller, der im Dezember 2019 starb, schuf als Regisseur, Schauspiel­er, kritischhu­morvoller Texter und als penibler Spielleite­r mit der Theatergru­ppe Saalfelden eine unverwechs­elbare, ganz eigene Form des Spiels. Diesen Geist trug zunächst Gottfried Berka weiter.

Jetzt tun das die beiden Urgesteine Hannes Kirchmayr als Texter, Schauspiel­er und Regisseur. Und Karl Möschl als Obmann und gesangsfre­udiger Akteur.

Nach einer langen, durch die Pandemie erzwungene­n Pause

wagt sich das zehnköpfig­e Ensemble wieder zurück auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Und zwar mit einem neuen „Cabaret“-Programm. Es ist im ersten Teil zugleich eine bühnentaug­lich aufbereite­te Rückschau auf die eigene Geschichte. Und natürlich sind namhafte Ehrengäste, Damen und Herren, mit dabei. Falco, Helene Fischer, DJ Ötzi oder Conchita Wurst. Peter Medek setzt als DJ Ötzi gezielt einen Ohrwurm ein. Basierend auf der

Melodie des „Anton aus Tirol“singt er: „Ich bin so schnell, ich

bin so toll! Ich bin das Virus aus Tirol …“

Es wird in der lokalen Sprache, also der der Pinzgaueri­nnen und

Pinzgauer, gegendert, dass sich der Hundstein (Dogstone!) biegt.

Und gestaunt. Von zwei Schweizern mit Spekulatio­nshintergr­und, die sich im Luftraum über dem Pinzgau verflogen haben. Sie

betrachten die Region, betrachten den Wildwuchs und stellen fest: Es gibt kaum mehr Platz zum Bauen. Überdies fürchten sie, Englisch lernen zu müssen, um etwa in Mary Alp on the Stony Sea (Maria Alm) überhaupt mit Einheimisc­hen reden zu können. Impfbefürw­orter und Impfgegner kommen auch zu Wort.

Es wird geturnt – und auf neue Weise innovativ geforscht. Nämlich nach seltenen Tieren, die sich einsetzen lassen, um Neubauten garantiert zu verhindern. Ein Tipp: Schau’n Sie sich das an!

„Ich bin das Virus aus Tirol …“

Kabarett: „Cabaret 2022“, Theatergru­ppe Saalfelden. Kunsthaus Nexus, Termine bis 15. Oktober,

jeweils 20 Uhr.

 ?? BILD: SN/HEINZ BAYER ?? Zwei Schweizer mit Spekulatio­nshintergr­und (l. Hannes Kirchmayr, r. Karl Möschl) im Anflug auf Maria Alm (Mary Alp on the Stony Sea).
BILD: SN/HEINZ BAYER Zwei Schweizer mit Spekulatio­nshintergr­und (l. Hannes Kirchmayr, r. Karl Möschl) im Anflug auf Maria Alm (Mary Alp on the Stony Sea).

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