Salzburger Nachrichten

Die heilende Göttin im Netz der Obus-Leitungen

- Daniele Pabinger DANIELE.PABINGER@SN.AT

Sie ist eine der wenigen Frauenfigu­ren im öffentlich­en Raum in der Stadt Salzburg, von Madonnenda­rstellunge­n abgesehen.

Die schlichte Schöne blickt von oben auf die Müllner Kreuzung.

Die Skulptur aus Untersberg­er Marmor steht in einer Mauernisch­e am Eckhaus Müllner Hauptstraß­e/Gaswerkgas­se.

Die Blicke auf sie bestimmen die Obus-Leitungen mit, die an diesem neuralgisc­hen Verkehrskn­otenpunkt ein Netz bilden. Je nach Betrachter­instandpun­kt

verdecken die Leitungen Teile der Frauenfigu­r oder bringen sie

in Szene. In diesem Perspektiv­spiel verändert sie sich jedenfalls ständig, das macht durchaus auch ihren Reiz aus.

Sie ist eine Göttin, Hygieia, die personifiz­ierte Gesundheit.

Das erklärt auch ihren Standort am Rand des Landeskran­kenhaus-Areals. 1950 wurde sie hier aufgestell­t, ihr Schöpfer ist der

Salzburger Bildhauer Max Rieder (1909–2000). Er arbeitete 1936 bis 1945 im Atelier des NSKünstler­s Josef Thorak in München, bereits 1946 kehrte er

nach Salzburg zurück, ab den 1970ern unterricht­ete er Bildhauere­i an der Salzburger Sommerakad­emie für Bildende Kunst. In Lehen ist seit 2004 eine Brücke über den Glanbach nach ihm benannt. Die Salzburger Straßennam­enkommissi­on stufte die NS-Belastung Rieders in ihrem Bericht in der Kategorie „nicht gravierend oder nachweisba­r“ein.

Max Rieders Hygieia lohnt das mehrmalige Hinschauen. In einer Hand hält die Tochter des Äskulap eine Schale, in der anderen eine Schlange, die anhebt, daraus zu trinken. Das Gefäß und die ungiftige Äskulapnat­ter sind denn auch ihr Erkennungs­zeichen und machen sie zur Patronin der Apothekeri­nnen

und Apotheker. Im Logo der Österreich­ischen Apothekenk­ammer sind Hygieias Schale und Schlange auch vertreten. Der Schlangens­tab des Äskulap ist allgemein Symbol für die Medizin.

Die Heilgöttin ist am richtigen Ort, sie soll Genesung

bringen, die Schlange ist Symbol für die Wandlung.

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BILD: SN/ROBERT RATZER An der Schlange ist sie zu erkennen.
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