Bilder verwandeln den Raum in eine Illusion
WIEN. Dass ein Maler mittels Pinsel und Farben und allerlei gefinkelten, auf Kenntnis von Optik und Augenanatomie basierenden Methoden uns vormacht, wir sähen Veilchen,
Wolke oder Gesicht, weckt seit je die Freude am Bilderschauen. Aber
Alfons Schilling ist weiter gegangen: Nicht Ding oder Landschaft, die hier und jetzt nicht da sind, holte er für den Betrachter herbei, sondern einen nicht vorhandenen Raum. Aber wie lässt sich Raum malen, wenn man nicht so schwindelt, dass man perspektivische Linien als
Hauskanten tarnt oder mit diesigen Farbtönen Weite simuliert? Alfons Schilling hat sich auf keine solchen
– obgleich in der Kunstgeschichte klassischen – optischen Eselsbrücken eingelassen. Doch versichert der Kunsthistoriker und -händler
Herbert Giese: „Er hat die Raumillusion erreicht.“Dies zeigt der Kunsthandel Giese & Schweiger mit 37 Exponaten, davon einige aus dem Nachlass. Fast alle sind verkäuflich.
Alfons Schilling habe in 1980erund 90er-Jahren an diesem Phänomen gearbeitet, schildert Herbert Giese. Welches Phänomen? Der „Wahrnehmungserweiterung“. Dafür habe er sogar so etwas wie Maschinen gebaut, also Geräte für den
Kopf mit Linsen so vor den Augen, dass man gesehen habe, als wären die Augen acht Meter auseinander.
Für die Bilder bei Giese & Schweiger liegen handliche Prismen bereit. Hält man sich so eines vor ein Auge und lässt das andere Auge offen, gelangen zweierlei Bilder ins Gehirn, sodass man beim Blick aufs Gemälde nicht mehr ein Bild, sondern einen Raum wahrnimmt, und zwar einen gegenstandslosen, abstrakten. Dieses zweiteilige – also binäre
– Schauen gibt den Gemälden ihren Übertitel „Autobinäre Raumbilder“.
Alfons Schilling gelinge es, Illusion und Abstraktion zu vereinen,
betont Herbert Giese. „Er tut dies als vielleicht letzten Schritt der Tafelmalerei.“Dabei habe er dieses Medium nicht zerstören oder vernichten wollen – wie Lucio Fontana oder Arnulf Rainer. Vielmehr habe er die zwei Dimensionen ins Dreidimensionale gebracht. „Das ist der verblüffende Effekt.“
Mit dem Ausbau vor knapp zwei Jahren hat Giese & Schweiger nicht nur Raum, sondern auch Angebot erweitert: um Werke des 20. Jahrhunderts und um Personalen wie jetzt jene von Alfons Schilling.
Ausstellung: