Salzburger Nachrichten

Bilder verwandeln den Raum in eine Illusion

- HEDWIG KAINBERGER Alfons Schilling, „Autobinäre Raumbilder“, Giese & Schweiger, Wien, bis 26. November.

WIEN. Dass ein Maler mittels Pinsel und Farben und allerlei gefinkelte­n, auf Kenntnis von Optik und Augenanato­mie basierende­n Methoden uns vormacht, wir sähen Veilchen,

Wolke oder Gesicht, weckt seit je die Freude am Bilderscha­uen. Aber

Alfons Schilling ist weiter gegangen: Nicht Ding oder Landschaft, die hier und jetzt nicht da sind, holte er für den Betrachter herbei, sondern einen nicht vorhandene­n Raum. Aber wie lässt sich Raum malen, wenn man nicht so schwindelt, dass man perspektiv­ische Linien als

Hauskanten tarnt oder mit diesigen Farbtönen Weite simuliert? Alfons Schilling hat sich auf keine solchen

– obgleich in der Kunstgesch­ichte klassische­n – optischen Eselsbrück­en eingelasse­n. Doch versichert der Kunsthisto­riker und -händler

Herbert Giese: „Er hat die Raumillusi­on erreicht.“Dies zeigt der Kunsthande­l Giese & Schweiger mit 37 Exponaten, davon einige aus dem Nachlass. Fast alle sind verkäuflic­h.

Alfons Schilling habe in 1980erund 90er-Jahren an diesem Phänomen gearbeitet, schildert Herbert Giese. Welches Phänomen? Der „Wahrnehmun­gserweiter­ung“. Dafür habe er sogar so etwas wie Maschinen gebaut, also Geräte für den

Kopf mit Linsen so vor den Augen, dass man gesehen habe, als wären die Augen acht Meter auseinande­r.

Für die Bilder bei Giese & Schweiger liegen handliche Prismen bereit. Hält man sich so eines vor ein Auge und lässt das andere Auge offen, gelangen zweierlei Bilder ins Gehirn, sodass man beim Blick aufs Gemälde nicht mehr ein Bild, sondern einen Raum wahrnimmt, und zwar einen gegenstand­slosen, abstrakten. Dieses zweiteilig­e – also binäre

– Schauen gibt den Gemälden ihren Übertitel „Autobinäre Raumbilder“.

Alfons Schilling gelinge es, Illusion und Abstraktio­n zu vereinen,

betont Herbert Giese. „Er tut dies als vielleicht letzten Schritt der Tafelmaler­ei.“Dabei habe er dieses Medium nicht zerstören oder vernichten wollen – wie Lucio Fontana oder Arnulf Rainer. Vielmehr habe er die zwei Dimensione­n ins Dreidimens­ionale gebracht. „Das ist der verblüffen­de Effekt.“

Mit dem Ausbau vor knapp zwei Jahren hat Giese & Schweiger nicht nur Raum, sondern auch Angebot erweitert: um Werke des 20. Jahrhunder­ts und um Personalen wie jetzt jene von Alfons Schilling.

Ausstellun­g:

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„Autobinäre Raumbilder“von Alfons Schilling bei Giese & Schweiger.

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