Griss um OMV-Gewinn
Der teilstaatliche Öl-, Gas- und Chemiekonzern hat in den ersten neun Monaten so gut verdient wie noch nie. Die geplante Sonderdividende reicht den Kritikern nicht.
Vor der OMV-Zentrale in Wien beim Prater protestierten am Freitag Fridays-for-Future- und Greenpeace-Vertreter gegen die „unmoralisch hohen Gewinne“des teilstaatlichen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns. Aus Anlass der Vorlage der Neunmonatszahlen fordern die Umweltorganisationen Finanzminister Brunner auf, die „Krisengewinne von Öl- und Gaskonzernen“endlich zu besteuern. Greenpeace kommt allein bei der OMV heuer auf zwei Mrd. Euro, die „abgeschöpft und umverteilt werden
könnten“. Wenig im Vergleich zum SP-nahen Momentum-Institut: Das
hat sogar bis zu 4,1 Mrd. Euro Übergewinn
errechnet, sollte das vierte Quartal ähnlich gut laufen wie das Jahr bisher.
Die Rekord-Zwischenbilanz weckt nicht nur bei Klimaschützern Begehrlichkeiten. Der Konzernvorstand geht daher in Vorleistung und
hat bereits am Donnerstagabend eine Sonderdividende für 2022 von 2,25 Euro je Aktie – in Summe 731 Mill. Euro – angekündigt. Diese kommt zusätzlich zur regulären Gewinnausschüttung, die heuer ebenfalls höher als im Vorjahr ausfallen
wird, wie Finanzvorstand Reinhard Florey ankündigt.
Wie der in der EU beschlossene Solidaritätsbeitrag konkret aussehen werde, sei unklar, sagte Konzernvorstand Alfred Stern, der aus
Abu Dhabi zugeschaltet war, wo die Regierung eine Vereinbarung für Flüssiggaslieferungen unterzeichnet hat. Dabei sollte allerdings berücksichtigt werden, „dass die OMV in einem sehr zyklischen Geschäft ist“. Der Konzern sei ohne Hilfen durch die Covidkrise gekommen,
trotz des Preiseverfalls bei Öl und Gas 2020, sagte Stern. Zudem habe
der Konzern dieses Jahr fast zwei Milliarden Euro in die Hand genommen, um die Gasversorgung trotz russischer Lieferausfälle zu sichern. Die OMV könne ihre Kunden im
Winter auch im Fall einer gänzlichen Lieferunterbrechung aus Moskau versorgen, betonte Stern.
Die OMV deckt etwa 45 Prozent des heimischen Gasmarktes ab. Die
Reduktion der Gasmengen aus
Russland nach dem Überfall auf die
Ukraine hat laut Stern bisher 268 Mill. Euro gekostet. Der Durchschnittspreis lag in den ersten neun Monaten bei 135 Euro pro Megawattstunde (MWh), verglichen mit 46,5 Euro im Vorjahreszeitraum.
Dieser Effekt wurde mehr als kompensiert durch die sprudelnden Gewinne aus dem Förder- und Raffineriegeschäft, die etwa zwei
Drittel zum Ergebnis beitragen. Die Raffinerie Schwechat ist nach dem Unfall Anfang Juni seit 7. Oktober
wieder im Vollbetrieb. Im Chemiegeschäft sank das bereinigte operative Ergebnis um 15 Prozent auf 1,4 Mrd. Euro.
Insgesamt fuhr der Konzern in den ersten neun Monaten einen (um Lagerhaltungseffekte bereinigten) operativen Gewinn von 9,1 Mrd. Euro ein, mehr als doppelt so
viel wie im Vorjahr. Der Gewinn je
Aktie stieg von 4,76 auf 10,18 Euro. Der Umsatz hat sich auf 48,8 Mrd. Euro ebenfalls mehr als verdoppelt.
In den kommenden Jahren werde der Gewinn durch den Abschied
von fossilen Brennstoffen sinken, sagte Stern. Dieser Übergang geschehe nicht über Nacht. Die OMV
wolle sich auf nachhaltige Kraftstoffe und das Chemiegeschäft konzentrieren. Erste Tests liefen auch
für Geothermienutzung. Eine Abspaltung des Öl- und Gasgeschäfts,
wie zuletzt gemutmaßt wurde, sei aber Spekulation. Man sei jederzeit offen für Gespräche im Sinne der neuen OMV-Strategie, es gebe aber keine konkreten Projekte.
Die derzeit sinkenden Gaspreise sollten nicht für ein Zeichen gehalten werden, dass das Problem gelöst sei, betonte der OMV-Chef. Die Gaspreise in Europa würden auch
2023 hoch bleiben.