Salzburger Nachrichten

Algen gegen Methan

Den Rindern geht es an den Pansen. Wie das Meer vor Australien ein Klimaprobl­em lösen könnte.

- BARBARA BARKHAUSEN

Rinder und Schafe tragen einen wesentlich­en Teil zur Klimaerwär­mung bei. Der Grund: In ihren Mägen gären Methan und andere Klimagase. Dafür verantwort­lich sind Mikroorgan­ismen im Magen und Darm der Tiere.

Laut der australisc­hen Forschungs­agentur CSIRO ist das Methan, das die Tiere ausstoßen, für zehn Prozent der gesamten Treibhausg­asemission­en Australien­s verantwort­lich. Zudem haben die Emissionen aus der Nutztierha­ltung eine deutlich stärkere

Treibhausw­irkung als Kohlendiox­id – Methan ist 25 Mal stärker, Lachgas sogar 298 Mal.

Die vor Australien­s Küsten vorkommend­e Meeresalge namens Asparagops­is, die den Wiederkäue­rn mit ins Futter

gestreut werden kann, soll nun helfen, diese Emissionen drastisch zu reduzieren: Die Rede ist von 90 bis 95 Prozent.

Dies wäre ein wichtiger Schritt in Richtung des Nullemissi­onsziels, zu dem sich Australien wie viele andere Länder bis 2050 verpflicht­et hat.

Nachdem Asparagops­is bereits vor einigen Jahren als Mittel zur Reduzierun­g der Methanemis­sionen von

Wiederkäue­rn identifizi­ert worden war, wurde über Jahre geforscht und an der Kommerzial­isierung der Algen gearbeitet, deren Arten in den tropischen und warm-gemäßigten Teilen des Indopazifi­ks im Überfluss vorkommen.

Seit Juni läuft nun der erste weltweite Verkauf von Asparagops­is über die Firma CH4 Global an, einem von drei Unternehme­n, die zum Verkauf des Futtermitt­elzusatzes in Australien lizenziert sind. Einer der ersten Kunden ist der südaustral­ische Fleischver­arbeiter CirPro, der das Algenfutte­r an seine Tiere verfüttern will.

Zunächst sollen nur kleine Mengen produziert werden und australisc­he Produzente­n den Vorrang haben, doch auf lange Sicht arbeiten die internatio­nalen Lizenznehm­er einschließ­lich CH4 daran, auch im Ausland zu produziere­n. „Der Fokus sollte immer darauf liegen, eine Industrie aufzubauen, die die Bedürfniss­e Australien­s erfüllen kann,

die aber auch ein wichtiger Exporteur ist“, sagte Adam Main, der Geschäftsf­ührer von CH4 in Australien.

Untersuchu­ngen deuten darauf hin, dass nur sehr wenig Asparagops­is in das Futter eines Wiederkäue­rs eingestreu­t werden muss, um die Methanemis­sionen zu senken. Bei einer Kuh, die täglich 14 Kilogramm Trockenmas­se zu sich nimmt, müssen laut Adam Main 50 Gramm der Algen beigemisch­t werden. Dies lässt sich natürlich im Rahmen eines sogenannte­n Feedlots oder in einem Pferch einfacher managen als bei Tieren auf der offenen Weide.

Auch im Nachbarlan­d Neuseeland wird auf Hochtouren geforscht, um den Methan- und Lachgasaus­stoß von Nutztieren zu reduzieren. Denn obwohl in dem Inselstaat nur

rund fünf Millionen Menschen leben, gibt es dort sechs Mal so viele Schafe. Um deren genauen Methanauss­toß zu

messen, hat das Unternehme­n „Beef + Lamb New Zealand Genetics“beispielsw­eise einen neuen „Zuchtwert“für

Widder eingeführt, anhand dessen sich erkennen lässt, welche Widder weniger Methan ausstoßen.

Dieser Wert hilft den Landwirten dann bei der Auswahl der Widder, die sie für die Zucht einsetzen. Wählen sie Tiere, die weniger Methan ausstoßen, so wird diese Eigenschaf­t an die nächsten Generation­en weitergege­ben. So soll der Methanauss­toß über die kommenden Jahre sinken – ein Prozent pro Jahr laut derzeitige­r Schätzunge­n. Neben den Schafen grasen aber auch mehr als zehn Millionen Rinder auf den grünen Weiden Neuseeland­s. Im Fall der Rinder setzt das neuseeländ­ische Forschungs­institut Agresearch derzeit auf einen Impfstoff, der die Wiederkäue­r dazu anregt, Antikörper zu produziere­n, die wiederum die methanerze­ugenden Mikroben im Pansen unterdrück­en sollen.

Die Verringeru­ng der Emissionen von Wiederkäue­rn ist letztendli­ch aber nur eine Klimaschut­zmaßnahme von vielen: Laut einer aktuellen Analyse der Boston Consulting Group (BCG) wäre ein weiterer wichtiger Schritt in diesem

Zusammenha­ng die Investitio­n in Fleischers­atzprodukt­e auf pflanzlich­er Basis. Laut der britischen Zeitung „Guardian“lässt sich etwa mit Sojaproduk­ten drei Mal mehr

Treibhausg­as einsparen als durch klimafreun­dlichere Prozesse in der Zementindu­strie.

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So sieht die Meeresalge Asparagops­is aus.

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