Algen gegen Methan
Den Rindern geht es an den Pansen. Wie das Meer vor Australien ein Klimaproblem lösen könnte.
Rinder und Schafe tragen einen wesentlichen Teil zur Klimaerwärmung bei. Der Grund: In ihren Mägen gären Methan und andere Klimagase. Dafür verantwortlich sind Mikroorganismen im Magen und Darm der Tiere.
Laut der australischen Forschungsagentur CSIRO ist das Methan, das die Tiere ausstoßen, für zehn Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Australiens verantwortlich. Zudem haben die Emissionen aus der Nutztierhaltung eine deutlich stärkere
Treibhauswirkung als Kohlendioxid – Methan ist 25 Mal stärker, Lachgas sogar 298 Mal.
Die vor Australiens Küsten vorkommende Meeresalge namens Asparagopsis, die den Wiederkäuern mit ins Futter
gestreut werden kann, soll nun helfen, diese Emissionen drastisch zu reduzieren: Die Rede ist von 90 bis 95 Prozent.
Dies wäre ein wichtiger Schritt in Richtung des Nullemissionsziels, zu dem sich Australien wie viele andere Länder bis 2050 verpflichtet hat.
Nachdem Asparagopsis bereits vor einigen Jahren als Mittel zur Reduzierung der Methanemissionen von
Wiederkäuern identifiziert worden war, wurde über Jahre geforscht und an der Kommerzialisierung der Algen gearbeitet, deren Arten in den tropischen und warm-gemäßigten Teilen des Indopazifiks im Überfluss vorkommen.
Seit Juni läuft nun der erste weltweite Verkauf von Asparagopsis über die Firma CH4 Global an, einem von drei Unternehmen, die zum Verkauf des Futtermittelzusatzes in Australien lizenziert sind. Einer der ersten Kunden ist der südaustralische Fleischverarbeiter CirPro, der das Algenfutter an seine Tiere verfüttern will.
Zunächst sollen nur kleine Mengen produziert werden und australische Produzenten den Vorrang haben, doch auf lange Sicht arbeiten die internationalen Lizenznehmer einschließlich CH4 daran, auch im Ausland zu produzieren. „Der Fokus sollte immer darauf liegen, eine Industrie aufzubauen, die die Bedürfnisse Australiens erfüllen kann,
die aber auch ein wichtiger Exporteur ist“, sagte Adam Main, der Geschäftsführer von CH4 in Australien.
Untersuchungen deuten darauf hin, dass nur sehr wenig Asparagopsis in das Futter eines Wiederkäuers eingestreut werden muss, um die Methanemissionen zu senken. Bei einer Kuh, die täglich 14 Kilogramm Trockenmasse zu sich nimmt, müssen laut Adam Main 50 Gramm der Algen beigemischt werden. Dies lässt sich natürlich im Rahmen eines sogenannten Feedlots oder in einem Pferch einfacher managen als bei Tieren auf der offenen Weide.
Auch im Nachbarland Neuseeland wird auf Hochtouren geforscht, um den Methan- und Lachgasausstoß von Nutztieren zu reduzieren. Denn obwohl in dem Inselstaat nur
rund fünf Millionen Menschen leben, gibt es dort sechs Mal so viele Schafe. Um deren genauen Methanausstoß zu
messen, hat das Unternehmen „Beef + Lamb New Zealand Genetics“beispielsweise einen neuen „Zuchtwert“für
Widder eingeführt, anhand dessen sich erkennen lässt, welche Widder weniger Methan ausstoßen.
Dieser Wert hilft den Landwirten dann bei der Auswahl der Widder, die sie für die Zucht einsetzen. Wählen sie Tiere, die weniger Methan ausstoßen, so wird diese Eigenschaft an die nächsten Generationen weitergegeben. So soll der Methanausstoß über die kommenden Jahre sinken – ein Prozent pro Jahr laut derzeitiger Schätzungen. Neben den Schafen grasen aber auch mehr als zehn Millionen Rinder auf den grünen Weiden Neuseelands. Im Fall der Rinder setzt das neuseeländische Forschungsinstitut Agresearch derzeit auf einen Impfstoff, der die Wiederkäuer dazu anregt, Antikörper zu produzieren, die wiederum die methanerzeugenden Mikroben im Pansen unterdrücken sollen.
Die Verringerung der Emissionen von Wiederkäuern ist letztendlich aber nur eine Klimaschutzmaßnahme von vielen: Laut einer aktuellen Analyse der Boston Consulting Group (BCG) wäre ein weiterer wichtiger Schritt in diesem
Zusammenhang die Investition in Fleischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis. Laut der britischen Zeitung „Guardian“lässt sich etwa mit Sojaprodukten drei Mal mehr
Treibhausgas einsparen als durch klimafreundlichere Prozesse in der Zementindustrie.