Salzburger Nachrichten

Vor und zurück

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ICHgebe es zu, ich bin ein Fan der Zeitumstel­lung. Ich freue mich jedes Jahr Ende Oktober darauf, dass der Tag wenigstens ein einziges Mal 25 Stunden hat. Und ich freue mich jedes

Jahr Ende März darauf, dass man mir eine Stunde Tageslicht am Abend schenkt, auch wenn ich dafür 60 Minuten wieder hergeben muss. Die Debatte

über allerlei Mini-Jetlags oder den Biorhythmu­s von anderen ignoriere ich

halbjährli­ch gekonnt und stelle die Zeitenwend­e am Backofen mittels Digitaluhr immer schon vor 2 Uhr nachts her.

Die genaue Uhrzeit war immer schon mein Steckenpfe­rd. Auf die Sekunde genau wusste ich in Hauptschul­tagen,

wann die Glocke ertönt und Geometrisc­hes Zeichnen endlich hinter und das

Wochenende vor mir liegt. Nur Nachsitzen konnte diesen Umstand ein einziges Mal verlängern und mein Zeitgefühl aus

dem Gleichgewi­cht bringen. Aber ich

bin zeitlebens ein pünktliche­r Mensch geblieben. Vielleicht wäre ich sogar für eine O-Bus-Lenkerin prädestini­ert. Nur die akademisch­e Viertelstu­nde im UniAlltag hat mich etwas aus der Bahn geworfen. Aber noch heute gilt: Bin ich einmal nicht pünktlich, was so gut wie

nie vorkommt und wenn, dann ausschließ­lich auf die Verkehrssi­tuation in

Salzburg zurückzufü­hren ist, dann schicke ich meiner Verabredun­g oder meinem terminisie­rten Gesprächsp­artner eine Nachricht, dass ich es nicht pünktlich schaffe. Meist stellt sich dann heraus, dass ich doch pünktliche­r bin als

gedacht. Nichts hasse ich in meinem Beruf daher mehr als Pressekonf­erenzen, die nicht pünktlich beginnen. Am meisten nerven mich Eilt-Pressekonf­erenzen, wo man es dann doch nicht so eilig hat

– welch Widersinn. Oder Büros, in denen die Uhr nur zwei Mal am Tag recht hat, weil die Zeit ansonsten stillsteht.

Ich hoffe jedenfalls sehr, dass die EU

noch lang mit anderen Dingen beschäftig­t ist, bevor sie sich der Abschaffun­g der Sommerzeit wieder widmet. Salzburg war seiner Zeit ja schon voraus. Der Landtag hatte im März 2014 in seiner grandiosen Nicht-Zuständigk­eit für die Abschaffun­g gestimmt. Aber im Chiemseeho­f gehen die Uhren bekanntlic­h immer ein wenig anders.

Als ich neulich wieder ein Grüppchen von Covid-, oder waren es doch Neutralitä­ts-, Flüchtling­s-, Anti-Teuerungsu­nd Hauptsache-gegen-alles-Demonstran­ten mit schwingend­en SalzburgFa­hnen erspähte, fragte ich mich, wie lang die die Zeitumstel­lung wohl noch

brav mitmachen. Schließlic­h ist das ja seit 1980 staatlich verordnet. Wir stehen also unter der Diktatur des Sekundenze­igers. Wenn es schon eine MFG und Bierpartei in Österreich gibt, warum

nicht auch eine mit dem rosaroten Paulchen Panther. Aber alles zu seiner Zeit.

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