Asylquartier: Zwischen baufällig und bewohnbar
Während der Bund darauf beharrt, dass die trotz hoher Mietzahlungen ungenutzte Immobilie am Gaisberg nicht mehr für die Unterbringung von Menschen taugt, zeichnet der Eigentümer ein ganz anderes Bild.
SALZBURG. Wie desolat muss ein Gebäude sein, sodass Menschen eher in Zelten und Containern untergebracht werden sollen als unter dessen Dach? Diese Frage drängt sich seit ein paar Wochen
beim Blick auf das leer stehende frühere Hotel Kobenzl am Gaisberg auf, seit die Asylquartiere des Bundes an Kapazitätsgrenzen stoßen – und diese offensichtlich bereits überschritten haben.
Eines vorweg: Eine klare Antwort lässt sich von außen nicht geben. Eigentümer und Mieter, das Innenministerium, zeichnen ein konträres Bild vom Zustand der Immobilie. Dass der Komplex nicht verwendet wird bzw. nicht mehr nutzbar sein soll, dafür gibt man sich gegenseitig die Schuld.
Schimmel, Schädlingsbefall, schwere bauliche Mängel, teilweise sogar einsturzgefährdet: So liest sich die Zusammenfassung der Schäden, die Vertreter des Bundes im Inneren bei einer Begehung festgestellt haben wollen. „Das ist so desolat, dass man weder Bewohner noch Mitarbeiter darin unterbringen kann“, heißt es hinter vorgehaltener Hand. „Das muss man in Wahrheit abreißen und neu bauen.“
Dieser Darstellung widerspricht der Eigentümer auf Anfrage. Man habe das Gebäude zu Beginn des Mietverhältnisses in einem ordentlichen und betriebsfähigen Zustand übergeben. Und in einem solchen befinde es sich großteils nach wie vor.
Aus baupolizeilicher Sicht stünde einer Verwendung des
Kobenzl dem Vernehmen nach
nichts im Weg. Die Liegenschaft sei – mit Ausnahme des Dachgeschoßes – jederzeit und gefahrlos zu benutzen und zu bewohnen,
heißt es. Nachdem Arbeiten am Objekt im Dezember 2020 abgeschlossen worden seien, habe der Bauführer des ausführenden
Unternehmens vom Unter- bis zum Obergeschoß „Mängelfreiheit“attestiert.
Unabhängig davon steht das Kobenzl als Quartier für die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) nicht mehr zur Debatte. „Der Bund ist zwar berechtigt, jederzeit die Nutzung des Objektes zu den vereinbarten Zwecken wieder aufzunehmen, müsste dann aber den gebrauchsfähigen Zustand für die von ihm intendierte
Verwendung selbst herstellen. Dies würde Investitionen in Millionenhöhe bedeuten, die angesichts der Restlaufzeit des Mietverhältnisses, der grundsätzlichen Eignung und der Durchlaufzeit für deren Realisierung wirtschaftlich nicht zu argumentieren wären“, teilte das Innenministerium vorige Woche mit.
Und so sollen bis Vertragsende 2024 weiterhin kolportierte 26.000 Euro an den Eigentümer
fließen – Monat für Monat. Das dürfte der Miete zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ohne Betriebskosten entsprechen, darauf haben sich die Republik und der
Vermieter im Zuge eines Rechtsstreits nämlich geeinigt. „Durch den Vergleich konnten die Zahlungsverpflichtungen der Republik entscheidend verringert werden“, sagt Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur.
Während das Kobenzl weiter leer steht, läuft die Suche des
Landes nach geeigneten Liegenschaften bzw. Grundstücken für die Errichtung von Quartieren
weiter – ein „Angebot“für die Übernahme des früheren Hotels seitens des Innenministeriums
hat Asylreferent LH-Stv. Heinrich Schellhorn (Grüne) dankend abgelehnt.
Zeitgleich hat die Suche nach geeigneten Liegenschaften
bzw. Grundstücken für die Errichtung von Quartieren noch
keine zählbaren Erfolge gebracht. Mit einer Ausnahme: Das frühere
Asfinag-Gelände in SalzburgLiefering steht als „strategische Reserve“zur Verfügung. Dort
könnten bis zu 200 Menschen etwa in Containern provisorisch untergebracht werden. „Vorrang haben für uns feste Quartiere“, heißt es aus Schellhorns Büro.
Auch seitens des Bundes gibt es nicht näher genannte Überlegungen, sollten die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Für das Gelände der Landespolizeidirektion, wo 2015 Zelte aufgestellt wurden, gab es bisher keine Signale. Ebenso wenig für die Schwarzenbergkaserne, wo damals Asylbewerber in Containern untergebracht waren. Dennoch offenbaren sich bei der Quartiersuche Parallelen zu jener vor sieben Jahren. Die Behörden würden erneut mit dem Problem kämpfen, dass
viele potenzielle Vermieter der Meinung seien, dass der Zustand
von Gebäuden für die Unterbringung von Flüchtlingen egal sei,
wie ein Kenner der Materie erzählt. Es gebe „teilweise aberwitzige Angebote für Ruinen“. Gleichzeitig brauche man derzeit
jedes Quartier und habe daher auch keine hohen Ansprüche.
„Die Zahlungen der Republik wurden deutlich verringert.“Finanzprokuratur