ORF-Beitrag folgt der GIS nach
Das neue ORF-Finanzierungsmodell steht: Ab 1. Jänner 2024 soll nahezu jeder Haushalt für den ORF zahlen. Dafür sinkt der Betrag pro Haushalt.
Bereits im Vorfeld war durchgesickert, dass es am Donnerstag eine Entscheidung zu einem GISNachfolgemodell geben soll (die SN berichteten). Es war erwartet worden, dass die Bundesregierung festhalten würde, dass eine Haushaltsabgabe die GIS ersetze, jedoch kaum Details verkündet würden. Nach „intensiven Verhandlungen“, die sich laut einer beteiligten Person bis in den Vormittag zogen, konnte Schwarz-Grün aber doch konkreter werden. Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz verlautbarten Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) und die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer weitere Details.
Die geplante Abgabe, die für annähernd alle Haushalte gilt (rund 400.000 kommen hinzu) und sich nach dem gemeldeten Hauptwohnsitz richtet, soll den Namen „ORFBeitrag“tragen. Diese wird ab 1. Jänner 2024 rund 15 Euro betragen statt bisher 18,59 Euro (Programmentgelt), wie in dem entsprechenden Ministerratsvortrag zu lesen ist, der den SN vorliegt.
Die in der GIS mitverrechnete Umsatzsteuer (1,86 Euro) sowie die Bundesgebühren (2 Euro) entfallen künftig. Die bislang mit den Bundesgebühren gedeckten Ausgaben – etwa der Kunstförderbeitrag – sollen in Zukunft aus dem Bundesbudget finanziert werden. Ob die Landesabgabe, die sieben von neun Bundesländer im Rahmen der GIS bezogen haben, auch weiterhin eingehoben werde, obliege den Ländern, betonte Raab bei der Pressekonferenz. Und Maurer ergänzte, dass „es den Ländern freisteht, dem Bund bei diesem Positivbeispiel zu folgen und die Abgaben zu senken oder abzuschaffen“. Ändern die Länder an deren Modell nichts, brächte das etwa für Salzburger Haushalte eine monatliche Gebühr von rund 20 Euro (statt bisher grob 27 Euro). Wiener Haushalte würden rund 21 Euro statt 28 Euro zahlen.
Jenen Haushalten, die die GIS bislang per Dauerauftrag gezahlt haben, wird in Zukunft über den gleichen Dauerauftrag weniger abgebucht. Jene, die per Zahlschein überwiesen haben, bekommen einen neuen zugestellt. Und jene 400.000 Haushalte, die neu dazukommen, werden direkt vom ORF informiert. GIS-Kontrollen wird es keine mehr geben.
Für reine Nebenwohnsitze wird indessen kein Beitrag bemessen. Für Unternehmen ist ein „gestaffelt weitgehend automatisierter Vollzug“geplant, Firmen sollen also auch zahlen; Details sind noch nicht geklärt. Und: Weiterhin soll es Befreiungen von der Gebühr ob der sozialen Verhältnisse geben – im gleichen Ausmaß wie bisher.
Auch auf das geplante Sparpaket für den Rundfunk geht der Minis
grüne Klubobfrau
terratsvortrag ein: Der ORF muss in den kommenden Jahren „rund 325 Millionen Euro einsparen“. Parallel soll es gesetzlich oktroyierte Maßnahmen geben. Unter anderem will man die ORF-Sonderpensionen angehen – auch bei bestehenden Verträgen. Derartige Sonderprivilegien sollten abgeschafft werden, sagte Raab. Der Spartensender Sport + – bzw. dessen Inhalte, wie Sigrid Maurer betonte – sowie das RadioSymphonieorchester sollen hingegen erhalten bleiben. Ob das via ORF-Budget passiert oder auf anderem Wege, ist offen.
Ferner wird ein Mehr an Transparenz angestrebt: Die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags sollen weiterhin vom Stiftungsrat festgesetzt werden, aber unter strenger Kontrolle der KommAustria (Rundfunkregulierungsbehörde, Anm.). Daraus werden sich auch etwaige (Index-)Anpassungen der Gebühr ergeben. Zudem soll es strengere Berichtspflichten für den ORF geben: Dazu zählen „unter anderem die Veröffentlichung über die Höhe ausgezahlter Gehälter (...) und die Offenlegung von Nebenbeschäftigungsverhältnissen“, ist in dem Ministerratsvortrag zu lesen.
Ein Plan für die seit Jahren diskutierte ORF-Digitalnovelle soll indes „zeitnah“vorgelegt werden. In diesem Zusammenhang betonte Medienministerin Raab die Bedeutung des dualen Rundfunks – also auch die Rolle der privaten Medien.
Die ORF-Finanzierung neu war ebenso Thema in der Plenarsitzung des ORF-Stiftungsrats am Donnerstag. Trotz der verkündeten Pläne wurden jedoch keine Entscheidungen zum korrelierenden ORF-internen Sparpaket getroffen. „Die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gibt zwar Finanzierungsund Programmsicherheit, für Beschlüsse sind aber weitere Details notwendig“, sagte die Salzburger Stiftungsrätin Ulrike Domany-Funtan. Auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann betonte im Nachgang der Sitzung, dass man die Regierungspläne begrüße. Wie viel an Einnahmen der ORF durch das neue Finanzierungsmodell erwarten darf, wollte Weißmann – ebenso wie Medienministerin Raab – nicht kommentieren. Der ORF-Chef sagte lediglich: „Es erscheint möglich, sowohl den ORF nachhaltig zu finanzieren als auch den Beitrag für jeden günstiger zu machen.“
Wenig begeistert zeigten sich die Oppositionsparteien. Für SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried hätten sich ÖVP und Grüne bloß auf Überschriften geeinigt, vieles bleibe offen: „Wo bleibt eine sozial gerechte ORF-Finanzierung? Was werden Unternehmen zahlen?“Ein klares Nein zu den Plänen kam von der FPÖ: Mediensprecher Christian Hafenecker ortet eine „weitere Abzocke der Österreicher“. Kritisch äußerten sich auch Neos – sie sprachen von einer „vertanen Chance für einen entpolitisierten ORF“.
Als nächste Schritte sollen die konkreten Gesetzestexte ausgearbeitet und zeitnah vorgelegt werden, versprach Susanne Raab. Und ORF-Chef Weißmann ergänzte: „Das ist der Beginn von vielen parallel laufenden Prozessen.“
Sigrid Maurer,