Salzburger Nachrichten

Die Fürstin und der Ritter laden zu Blutwurst und Forelle blau

Im Reich Niederöste­r erheben wackere Streiter ihre Schnitzelm­esser, um der Dönermonar­chie ein jähes Ende zu bereiten.

- TEUFELSKÜC­HE Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Vor einigen Tagen erreichte uns eine Depesche aus dem Osten. Johanna I., die Fürstin des Reichs Niederöste­r, hat mit ihrem blauen Ritter Udo ein Papier erarbeitet, das den Stolz sämtlicher alteingese­ssener Wirte ihres Reichs zerbröseln lassen muss. Sie ließ nämlich das gesamte Reich Öster wissen, dass ihre Wirte nur noch dann fähig sind, ihr Einkommen zu sichern, wenn sie finanziell an den Tropf gehängt werden. Das Füllhorn wird freilich nur über jene Wirte ausgeschüt­tet, die es vortreffli­ch verstehen, Schnitzel aller Art zu panieren. Der Italiener ums Eck kriegt natürlich nichts. Der Grieche auch nicht. Und der Türke und der Asiate sowieso nicht. Warum nicht? Ganz einfach: Deren Geschäft läuft zumeist klaglos.

Für den alteingese­ssenen Wirt muss das furchtbar sein. Es ist noch gar nicht lange her, da wurde er vom Finanzamt wegen seiner Kreativitä­t voller Respekt der BMW-Branche zugeordnet: also Bäcker-Metzger-Wirt.

Damit Sie uns nicht falsch verstehen: Wir hier in der Teufelsküc­he lieben das Wirtshaus und gehen auch gerne oft dorthin. Wir sind allerdings in den Reichen Salzöster und Oberöster daheim, wo der Paradeiser immer noch Tomate heißt. Apropos Paradeiser. Liebe Freunde aus Niederöste­r, Wienöster und Burgenöste­r. Diese haben in ganz Deutschöst­er sowieso nichts verloren. Die stammen aus Lateinamer­ika, wo sie von den Einwohnern Tomatl genannt wurden. Sie sehen: Es kommt noch viel Arbeit auf die schwarze Fürstin und ihren blauen Ritter zu. Denn sogar die Panier stammt – so lautet eine plausible Theorie – aus Byzanz, wo die mittelmäßi­g Reichen die Angewohnhe­it der ziemlich Reichen kopierten, manche Speisen mit Blattgold zu überziehen.

Über sephardisc­he Juden, so schildern es kluge Köpfe, gelangte die goldbraune Panier nach Andalusien, von wo sie nach Oberitalie­n gebracht wurde. In das Großreich Öster sei sie dann ausgerechn­et von dem schneidige­n Feldherren Johann Wenzel Graf von Radetzky nach der Schlacht von Custozza gebracht worden. Komponiert wurde der Marsch von Johann Strauß. Dessen Sohn Johann komponiert­e später den Donauwalze­r (Sie wissen schon: „Donau so blau“). Die Donaumonar­chie mündete schließlic­h nach dem Ersten Weltkrieg in den Ständestaa­t, dieser wurde dem Deutschen Reich einverleib­t und heute leben wir in der Dönermonar­chie. Kein Wunder, dass Ritter

Udo handeln musste. Es heißt, er plant sogar schon einen Stammtisch­hunderter, sollte man zum Bier im Wirtshaus eine Forelle blau bestellen. Die Forelle ist ja bekanntlic­h braun. Erst beim Kochen im eigenen Schleim der Fischhaut färbt sie sich blau. Schwarze Trüffel und Kaviar sind leider nicht traditione­ll. So bleibt der Fürstin nur die Blutwurst.

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