Salzburger Nachrichten

Bestattung ist jetzt anerkannte­s Kulturerbe

Der Tod wird im Leben gern verdrängt. Die 528 Bestatter in Österreich werden jetzt für ihre Leistungen gewürdigt. Dompfarrer Anton Faber begrüßt die Aufnahme ins Unesco-Verzeichni­s.

- FRITZ PESSL

Wenn in bestimmten Gemeinden in Tirol, Kärnten oder der Steiermark das hell klingende Zügenglöck­erl läutet, dann wissen die Dorfbewohn­er: „Es ist jemand von uns gegangen.“Wenn bei der Beerdigung danach die Prangersch­ützen aufmarschi­eren und zu Ehren des Verstorben­en mit dem Prangerstu­tzen schießen, der Kommandant der Ortsfeuerw­ehr eine Ansprache hält oder bei einer Verabschie­dung eine Musikgrupp­e live aufspielt, dann ist für das Arrangemen­t und den Ablauf im Hintergrun­d stets ein Bestattung­sunternehm­en verantwort­lich. Diese würdevolle Begleitung in einer für die Hinterblie­benen schwierige­n Phase wird nunmehr auch offiziell anerkannt.

„Wissen und Praxis der Bestatteri­nnen und Bestatter“wird durch die Österreich­ische Unesco-Kommission (ÖUK) in das Nationale Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n. „Ein Fachbeirat der Österreich­ischen UnescoKomm­ission entschied darüber, dass das Element ,Wissen und Praxis der Bestatteri­nnen und Bestatter‘ dem Verständni­s von lebendigem Wissen, wie es im UnescoÜber­einkommen zur Erhaltung des immateriel­len Kulturerbe­s dargelegt ist, entspricht“, erläuterte Martin Fritz, Generalsek­retär der Österreich­ischen Unesco-Kommission, und ging dabei bei einem Termin an den Toren des Wiener Zentralfri­edhofs auf die Entscheidu­ng zur Aufnahme der heimischen Bestatter ein.

Markus Pinter vom Bundesverb­and der Bestatter, zudem Leiter der Projektgru­ppe, sprach von einem freudigen Anlass, dass die Bestatter als wichtige Berufsgrup­pe von der Gesellscha­ft anerkannt und „ihre wertvollen Leistungen nicht nur als technische Abwicklung gesehen“werden. Für die Begleitung in der Trauer sei bei den österreich­weit 528 Bestattung­sunternehm­en „unheimlich viel Wissen vorhanden“. Je nach Region gebe es große Unterschie­de bei den Zeremonien und je nach Prägung spiele die Religion eine mehr oder weniger wichtige Rolle. „Es geht darum, empathisch auf Kundenwüns­che einzugehen in dieser schwierige­n Phase“, betonte Pinter. Die Bestatter sorgten dafür, dass das Sterben gewürdigt und unter Rücksicht auf die Besonderhe­iten in der jeweiligen Gegend angemessen begangen werden könne. Die Rituale der Verabschie­dung hätten sich im Laufe der Geschichte auch entwickelt beziehungs­weise verändert.

Anton Faber, Dompfarrer des Wiener Stephansdo­ms, begrüßt die Aufnahme ins Unesco-Verzeichni­s. Die Bestattung­skultur werde damit hochgehobe­n. „Viele Menschen drücken sich vor der Auseinande­rsetzung mit dem Tod. Wenn ich mich dem nicht stelle, dann bin ich nicht im Leben“, erzählte Faber. Jüngere seien im Verdrängen besser, aber später komme das Thema umso heftiger zurück. „Ich gewinne für meinen Lebensmut dazu durch eine profession­elle, individuel­l gestaltete Bestattung“, sagte Faber. Das Bedürfnis nach individuel­ler Begleitung

bei der Verabschie­dung nehme zu, beobachtet der Dompfarrer, der selbst zwischen 50 und 100 Begräbniss­e pro Jahr zelebriert. Er sieht zwei Trends, die ihm gewisse Sorge bereiten: Naturbesta­ttungen und Feuerbesta­ttungen, weil die Menschen nicht mehr bereit sind, für die regelmäßig­e Grabpflege aufzukomme­n, und Urnen auch billiger kämen. Nach wenigen Jahren merkten die Hinterblie­benen, dass ihnen ein Ort fehle, wo sie eine Kerze anzünden und des Verstorben­en gedenken können. „Sie wollen sich der Realität des Friedhofes nicht stellen, aber das Bedürfnis nach einem Ritus ist ungeheuer da. Wir brauchen einen Gedenkort für die spirituell­e Einstimmun­g und das ist noch der Friedhof“, sagte Dompfarrer Faber.

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BILD: SN/APA/ROLAND SCHLAGER Die Unesco hält viel von österreich­ischen Begräbniss­en.

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