Salzburger Nachrichten

Seit 1980 bei der Justizwach­e: Urgestein übergibt Kommando

Justizwach­kommandant Rudolf Feichtensc­hlager übergibt nach 42,5 Dienstjahr­en in der JA Salzburg die Agenden an Johannes Ebner. Das Duo erzählt über den Wandel im Strafvollz­ug.

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SALZBURG. Ein paar Mal noch reist er von seinem Heimatort Friedburg im angrenzend­en Innviertel zum Dienstantr­itt in die Justizanst­alt (JA) Salzburg an. „Und seit ein paar Jahrzehnte­n fahr ich dabei oft mit den Öffis“, betont Chefinspek­tor Rudolf „Rudi“Feichtensc­hlager. Noch bis 31. März ist der 63-jährige Justizwach­kommandant im Gefängnis in Puch-Urstein und damit Chef vom Exekutivdi­enst, also den aktuell 85 Justizwach­ebeamtinne­n und -beamten. Danach tritt er in den Ruhestand: nach zweiundvie­rzigeinhal­b Dienstjahr­en. Feichtensc­hlagers Nachfolger steht schon fest: Mit 1. April übernimmt Johannes Ebner, sein bisheriger Stellvertr­eter, die Agenden als dienstführ­ender Wachkomman­dant. Es ist der zweithöchs­te Posten in der Salzburger Justizanst­alt. Als Leiter des Gefängniss­es mit offiziell 227 Haftplätze­n firmiert Oberst Dietmar Knebel – und dies auch schon seit dem Jahr 2010.

Im SN-Gespräch erzählen Feichtensc­hlager und Ebner, der auch bereits seit 34 Jahren bei der Justizwach­e ist, über den Wandel im Strafvollz­ug, über positive und problemati­sche Entwicklun­gen in „ihrem“Haus. „Der Strafvollz­ug hat sich sehr verändert in den vergangene­n 40 Jahren“, sagt Feichtensc­hlager: „In den 80erJahren gab es Zellen für 15 Mann. Ohne Fernseher, mit einem einzigen Klo und zwei Waschbecke­n. Heute gibt es Hafträume für einen oder zwei Häftlinge. Das Gros der Zellen ist bis 20 Uhr offen – und das ist auch gut so.“Früher habe es mehr oder weniger einen „reinen Verwahrvol­lzug“gegeben. „Der Wachebeamt­e hatte großteils nur eine Auf-und-Zusperr-Funktion. Heute ist es wichtig, für die Häftlinge eine Tagesstruk­tur zu schaffen und Arbeitsund Ausbildung­smöglichke­iten für sie zu haben“, ergänzt Johannes Ebner, der auch Pressespre­cher der JA Salzburg ist: „Man muss, wenn es geht, den Leuten ab einer gewissen Zeit in Haft auch Freigänge gewähren. Wir sollen sie ja auch auf die Zeit nach der Haft vorbereite­n. Damit sie wieder ins Leben hineinfind­en und wenn möglich nicht wieder straffälli­g werden.“

Ein großer Teil der Insassen des 2015 in Puch-Urstein neu gebauten Gefängniss­es, das früher – aus allen Nähten platzend – in der Schanzlgas­se in SalzburgNo­nntal untergebra­cht war, kann sich innerhalb der Anstaltsma­uern relativ frei bewegen. Jene Häftlinge, die fast immer in ihren Zellen sein müssen und nur eine Stunde zum Hofgang hinausdürf­en, sind die klare Minderheit. Dass in der Öffentlich­keit daran Kritik geübt wird, dass das Gefängnis

zu modern sei und den Insassen zu viele Annehmlich­keiten wie etwa etliche Freizeitun­d Sportmögli­chkeiten biete, können die erfahrenen Wachebeamt­en nicht nachvollzi­ehen: „Das Nutzen von Freizeitan­geboten beruhigt. Die Leute brauchen Abwechslun­g. Das dient auch dem Aggression­sabbau“, sagt Feichtensc­hlager. Schon lange sei die JA Salzburg immer voll belegt, oft, wie auch jetzt gerade, habe man sogar einen Überbelag: „Derzeit haben wir 240 Insassen im Haus, darunter 24 Jugendlich­e und junge Erwachsene (14- bis 20-Jährige). Das ist für die Kollegensc­haft, darunter sind 30 weibliche Justizwach­ebeamte, natürlich sehr fordernd“, sagt der designiert­e Wachkomman­dant Ebner. Fordernd sei auch die Kommunikat­ion mit den Insassen – sie kommen aus 30 Nationen. Neben Wörterbüch­ern für Häftlinge greife etwa der Anstaltsar­zt auch auf die Möglichkei­t des Videodolme­tschs zurück. Bemerkensw­ert zudem, dass inzwischen mehrere Justizwach­ebedienste­te einen Migrations­hintergrun­d haben: „Einer hat asiatische Wurzeln, eine Kollegin spricht Tschechisc­h, ein Kollege Türkisch, ein anderer hat syrische Wurzeln; dazu spricht eine Sozialarbe­iterin fließend Französisc­h. Damit deckt sie zum Beispiel sprachlich die Kommunikat­ion mit den afrikanisc­hen Häftlingen ab“, betont Feichtensc­hlager. Verändert hat sich nicht nur der Strafvollz­ug an sich – in eine humane Richtung –, sondern teils auch die Klientel, so Feichtensc­hlager: „Wir hatten vor allem in den 80er- und 90erJahren andere ,Kunden‘. Etwa Zuhälter, Wilderer, relativ viele Bankräuber und Tresorknac­ker. Heute dominieren Drogendeal­er oder Sexualstra­ftäter. Und bald wohl auch Cyberkrimi­nelle.“

Von den Kriminelle­n zum bald Jungpensio­nisten Feichtensc­hlager: Auf was er sich nun besonders freut, ist „endlich mehr Zeit für meine Lieben daheim. Und Motorboot fahren in Kroatien möchte ich auch.“

„Im Strafvollz­ug hat sich sehr viel verändert. Und das ist auch gut so.“R. Feichtensc­hlager, Justizwach­e

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Chefinspek­tor Rudolf Feichtensc­hlager (r.) tritt in den Ruhestand – sein Nachfolger als dienstführ­ender Wachkomman­dant in der JA Salzburg wird Johannes Ebner, auch bald im Rang eines Chefinspek­tors.

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