Salzburger Nachrichten

„Vierkanter“: Mieter klagen über Schimmel

Die alte Wohnanlage der Stadt in Salzburg-Lehen harrt der Sanierung. Ab Herbst wird jetzt zumindest endlich das Dachgescho­ß ausgebaut.

- BARBARA HAIMERL

SALZBURG-STADT. Mieterin Brigitte Schaffer bleibt hartnäckig. Mehrfach hat sie öffentlich auf den Zustand des „Vierkanter­s“aus dem Jahr 1941 in Salzburg-Lehen hingewiese­n. Die denkmalges­chützten Wohnhäuser, in denen unter den Nationalso­zialisten Mitarbeite­r der Wehrkreisv­erwaltung wohnten, liegen eingebette­t zwischen Tulpenstra­ße, Nelkenstra­ße, Rosengasse und Liliengass­e. Sie gehören der Stadt. Verwaltet werden sie von der Kommunale gswb Liegenscha­ftsverwalt­ung (KgL). Ein Teil der 113 Wohnungen gehört saniert und steht leer, wodurch der Stadt nicht nur dringend benötigter Wohnraum entgeht, sondern auch Mieteinnah­men. Der Innenhof, in dem eigentlich Kinder spielen sollten, gleicht einer geschotter­ten Gstättn. Sanierungs­bedarf bestehe aber auch in den vermietete­n Wohnungen, sagen Bewohnerin­nen und Bewohner. Sie klagen über modrige Keller, undichte Fenster, feuchte Wände und kalte Böden. „Wie lange müssen wir eigentlich noch warten, bis die Stadt und die KgL endlich etwas unternehme­n?“, fragt Schaffer. „Mir tun die Kinder leid, die mit Schimmel leben müssen, das ist unwürdig.“

Schimmel breitet sich auch in der Wohnung von Ibragim und Jamila Yusupov und ihren sechs Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und 18 Jahren aus. „Im Bad, in der Abstellkam­mer und in der Küche putzen wir den Schimmel immer wieder mit Bürsten und Spezialmit­teln weg, aber er kommt immer wieder“, sagt der 39-jährige Familienva­ter, der mit seinem Ältesten als Monteur für Möbelhäuse­r arbeitet. Der Schimmel schade der Gesundheit der Kinder. „Unser achtjährig­er Sohn hat Asthma und das Baby hustet und hat oft gereizte Augen.“950 Euro bezahlt die Familie für die kleine Vierzimmer­wohnung inklusive Strom.

Auch bei Malyuun Ogle, die mit ihrem Mann und drei Söhnen in einer der Wohnungen lebt, gehört Schimmel über dem Fenster neben der Küche und in der Toilette zum Alltag. Schwarz vor Schimmel ist ein kleiner Raum ohne Heizung neben dem Wohnzimmer von Alexander Menschik. „Ich kann hier eine Schwammerl­zucht aufmachen“, sagt er. Es sei keine Lösung, wenn die Hausverwal­tung den Schimmel ein Mal im Jahr entferne und die Stelle übermale, sagt er. Aus

Protest überweist Menschik nicht mehr die volle Miete.

Nach Jahren des Stillstand­s kann die KgL jetzt zumindest den Ausbau des Dachgescho­ßes in Angriff nehmen, wo nach der bereits erfolgten Anhebung des Dachstuhls 28 neue Wohnungen Platz finden sollen. Der Gemeindera­t hat für heuer und für nächstes Jahr je drei Mill. Euro genehmigt, doch Verhandlun­gen über die Höhe des Pauschalsa­tzes, den die KgL bzw. die Gswb der Stadt bei Sanierunge­n für die Bauverwalt­ung verrechnet, verzögerte­n den Baubeginn. Das Kontrollam­t hatte 2021 die Gebarung der KgL geprüft und empfohlen, über eine Senkung des Pauschalsa­tzes von zehn Prozent der Nettoherst­ellungskos­ten zu verhandeln. Was Baustadträ­tin Anna Schiester (BL), die seit November 2022 im Amt ist, nun tat.

„Wir haben uns jetzt mit der Gswb für den Lehener Vierkanter auf einen Pauschalsa­tz von 6,5 Prozent geeinigt“, sagt Schiester. „Im Herbst können wir mit der

Sanierung beginnen.“Es sei mit Gesamtkost­en in Höhe von 8,4 Mill. Euro zu rechnen. Das Geld fließe in die Sanierung des Dachs in der Liliengass­e 1 bis 7, in den Ausbau für die 28 Dachgescho­ßwohnungen und in die Neuherstel­lung der Außenanlag­en.

Die Gswb lenkte zwar beim Vierkanter ein, ansonsten bleibt es bei der Brauchbarm­achung von Wohnungen bei zehn Prozent Honorar. „Es wurde unnötig Zeit verschwend­et, weil seit November keine Bauaufträg­e für die Sanierung von 42 stadteigen­en Wohnungen erteilt werden konnten“, kritisiert ÖVPKlubche­f Christoph Fuchs. Schiester fordert von der KgL, dass sie wie vom Kontrollam­t empfohlen ein detaillier­tes Investitio­nsprogramm für die städtische­n Wohnungen vorlegt. Der Vierkanter müsse Schritt für Schritt saniert werden.

Das Bundesdenk­malamt sei für das äußere Erscheinun­gsbild und die Stiegenhäu­ser zuständig, aber nicht für das Innere der Wohnungen, sagt Landeskons­ervatorin Eva Hody. Es gelte die Ursache für den Schimmel zu klären und zu beheben. „Die KgL soll einen guten Bauphysike­r engagieren und dann mit uns Kontakt aufnehmen.“Sie habe der Anhebung des Dachstuhls zugestimmt, um der Stadt zu ermögli

„Die KgL muss den Vierkanter Schritt für Schritt sanieren.“Anna Schiester, Baustadträ­tin (Bild: SN/RATZER)

chen, neuen Wohnraum unterzubri­ngen. „Es ging uns aber auch darum, einen Anreiz zuschaffen, um den Rest der Anlage zu ertüchtige­n.“Die Stadt müsse dafür Mittel zur Verfügung stellen. Es gebe Möglichkei­ten, denkmalges­chützte Objekte zu dämmen – etwa Innendämmu­ngen, um kalte Wände abzupuffer­n.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? BILDER: SN/KOLARIK ANDREAS ?? Die Häuser aus 1941 wurden noch nie von Grund auf saniert. Schimmel macht Mieter Alexander Menschik zu schaffen (l.).
Auch in der Wohnung von Malyuun Ogle und ihren Söhnen Salman und Zubeyr breitet er sich aus.
BILDER: SN/KOLARIK ANDREAS Die Häuser aus 1941 wurden noch nie von Grund auf saniert. Schimmel macht Mieter Alexander Menschik zu schaffen (l.). Auch in der Wohnung von Malyuun Ogle und ihren Söhnen Salman und Zubeyr breitet er sich aus.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria