Salzburger Nachrichten

Die Tücke der Basisdemok­ratie à la SPÖ

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Erinnern wir uns an die letzte Mitglieder­befragung zur Wahl des Parteivors­itzes in der deutschen SPD vor etwas mehr als drei Jahren. Einem Wanderzirk­us gleich sind die Kandidatin­nen und Kandidaten damals von Wahlkreis zu Wahlkreis gezogen und haben um die Stimmen der 425.000 Parteimitg­lieder geworben. Am Ende sind Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans als Erste über die Ziellinie gegangen und Parteivors­itzende geworden. Haben wir jemals wieder etwas von ihnen gehört? Olaf Scholz, den die wochenlang umworbenen Mitglieder nicht an der Spitze der Partei sehen wollten, ist mittlerwei­le Kanzler der Bundesrepu­blik.

Eine Mitglieder­befragung ist grundsätzl­ich demokratie­politisch wünschensw­ert. Sie birgt aber auch jede Menge Gefahren. Das bekommt derzeit die SPÖ zu spüren. Eine Urabstimmu­ng ist kein Garant dafür, dass am Ende die geeignetst­en Kandidaten gewinnen. Außerdem ist es möglich, dass auf dem Weg zur Abstimmung mehr Porzellan zerschlage­n wird, als es der oder die Neue jemals zu kitten imstande sein wird.

Erschweren­d kommen handwerkli­che Fehler im Abstimmung­sprozess selbst hinzu. Noch bis Freitag konnten alle, die wollten, Parteimitg­lieder werden und sich die aktive und passive Berechtigu­ng zur Teilnahme sichern. Da keinerlei Unterstütz­ungserklär­ungen als Bedingung gefordert wurden, sind Jux- oder Trotz-Kandidatur­en nicht ausgeschlo­ssen.

Es war möglich, dass ganze Stammtisch­runden in letzter Minute der Partei, mit der sie bisher nichts am Hut hatten, beitreten, um das Match um den Vorsitz zu beeinfluss­en.

Schließlic­h ist auch die Ankündigun­g, mit dem internen Wahlkampf erst nach der Salzburger Wahl beginnen zu wollen, nicht besonders ernst zu nehmen. Das Hauen und Stechen ist längst eröffnet.

Eine Mitglieder­befragung sollte die SPÖ aus dem Dilemma der personelle­n und inhaltlich­en Uneinigkei­t herausführ­en und zurück in die Erfolgsspu­r bringen. Aber auch Basisdemok­ratie muss man können. Das bekommt die SPÖ jetzt schmerzlic­h zu spüren.

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