IT-Sachverständiger: „Es gab gar keine private IP-Adresse“
LINZ, WIEN. Mit brisanten Neuigkeiten in den rechtlichen Verfahren zur Abmahnwelle gegen mehr als 30.000 Unternehmen in Österreich meldete sich nun der Linzer Anwalt Thomas Schweiger zu Wort. Er vertritt im Auftrag der Wirtschaftskammer jenen Friseur aus Amstetten, den die Beschwerdeführerin Eva Z. aus Wien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen wegen Schadenersatz und Unterlassung geklagt hat. Schweiger gab bekannt, dass sowohl die polizeilichen Ermittlungen im Auftrag der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als auch die Überprüfungen durch einen von ihm für das Musterverfahren beigezogenen gerichtlich beeideten Internet-Sachverständigen ergeben hätten, dass Eva Z. gar keine persönlichen IP-Adressen verwendet habe und daher auch keine Übertragung an den US-Konzern Google stattgefunden haben könne, die ihr persönliches Recht auf Datenschutz verletzt haben könnte.
Wie berichtet, trat die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Ermittlungen an die WKStA ab, nachdem klar geworden war, dass im August 2022 Zehntausende Briefe versandt wurden. Damit war es möglich, dass der Schaden mehr als fünf Millionen Euro betragen könnte, daher ist die WKStA zuständig.
Anwalt Marcus Hohenecker aus Groß-Enzersdorf (NÖ) hatte im Namen seiner Mandantin den Empfängern einen Vergleich vorgeschlagen: Wenn sie 190 Euro zahlen (100 für die angeblich geschädigte Mandantin, 90 für die Anwaltskosten), sei die Sache erledigt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Mahnbriefe: WKStA prüft Betrugsverdacht
Der IT-Sachverständige Peter Oskar Miller aus Wien bestätigte auf SN-Anfrage Schweigers Angaben. Bei den ersten Mahnbriefen im Juli sei die IP-Adresse dem Provider Hutchison Drei zuzuordnen gewesen, im August T-Mobile. „Es gab in dem Fall nie eine private IP-Adresse. Die Polizei kam zu den exakt gleichen Schlussfolgerungen.“
Die WKStA äußerte sich auf Anfrage so: „Das Ermittlungsverfahren wird unverändert gegen 2 Beschuldigte wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs geführt. Zu einzelnen Ermittlungsschritten können wir leider keine Stellung nehmen.“