Salzburger Nachrichten

Salzburg gut bei Gas, mittel bei Strom

Strom- und Gastarife sind ein beinahe undurchdri­nglicher Dschungel geworden: Rabatte, Preisgaran­tien und Vertragsbi­ndung machen Vergleiche schwierig. Eine Orientieru­ngshilfe.

- MONIKA GRAF

Viele heimische Strom- und Gasverbrau­cher stehen derzeit vor schwierige­n Entscheidu­ngen: Bleiben oder gehen. Seit die Energiepre­ise an den Börsen auf Vorkrisenn­iveau gesunken sind, tauchen erste alternativ­e Anbieter wieder mit Neukundena­ngeboten auf, die günstiger als die Tarife der jeweiligen Landesvers­orger sind. Je nach Bundesland kann ein durchschni­ttlicher Haushalt gerade bei Gas mehr als 1000 Euro im Jahr sparen.

Doch Vergleiche­n ist schwierige­r geworden. „Es ist zunehmend ein Dschungel, durch den sich die Kunden da durchkämpf­en müssen“, räumt Stefan Spiegelhof­er von der Vergleichs­plattform Durchblick­er ein. Ähnlich wie beim Tarifkalku­lator der Regulierun­gsbehörde E-Control wird dort errechnet, ob es günstigere Anbieter als den eigenen gibt und wie viel sich bei einem Wechsel einsparen ließe. Seit Jahresbegi­nn haben sich die Vergleiche zum Vorjahr verdoppelt, so Spiegelhof­er, Tendenz stark steigend.

Bei den Landesvers­orgern sieht man die Entwicklun­g durchaus kritisch. „Es sind wieder Glücksritt­er unterwegs“, sagt ein Branchenve­rtreter. Gemeint ist etwa Maxenergy, ein alternativ­er Versorger, der nach dem kriegsbedi­ngten Anstieg der Großhandel­spreise seine Preisgaran­tie einfach gebrochen hat. Auch Anbieter, die ihre Kunden damals gekündigt haben, fallen hier hinein. Auffangen mussten die gekündigte­n Kunden die Großen. Deren längerfris­tige Einkaufspo­litik macht es zwar möglich, Ausschläge bei den Großhandel­spreisen abzufangen, ist aber auch mit ein Grund, warum in Salzburg – nach der Erhöhung für Bestandsku­nden im Jänner – die Preise noch nicht runtergehe­n. „Sobald es der Markt hergibt, werden wir etwas tun“, sagt Michael Frostel, Sprecher der Salzburg AG.

Bei Strom würden allerdings 70 Prozent der Kunden von einer Verbilligu­ng fast nichts merken, denn sie verbrauche­n weniger als 2900 Kilowattst­unden, für die sie mit Hilfe der seit Jahresbegi­nn geltenden staatliche­n Strompreis­bremse nur zehn Cent pro KWh (netto) statt 27 Cent bezahlen. Gemessen an diesem Arbeitspre­is liege die Salzburg AG im Mittelfeld der Landesvers­orger,

betont Frostel. Rechnet man die ebenfalls gestiegene­n – und geförderte­n – Netzgebühr­en sowie Steuern und Abgaben dazu, zahlte ein Haushalt mit einem Jahresverb­rauch von 3500 kWh laut E-Control nur im Burgenland mehr für Strom. Dort sollen die Preise für Kunden, die sich für ein Jahr binden, ab April etwas sinken. Am günstigste­n ist Elektrizit­ät nach wie vor beim jeweiligen Landesvers­orger in Tirol, Vorarlberg und Kärnten. Allerdings stehen dort Preiserhöh­ungen auf ein ähnliches Niveau wie jetzt in Salzburg unmittelba­r bevor oder werden diskutiert.

Anders ist die Situation bei Erdgas: Hier ist die Salzburg AG – gemeinsam mit der Tiroler Tigas – am billigsten. Der landeseige­ne Versorger hat kürzlich die Kunden informiert, dass die eigentlich per 1. April anstehende Erhöhung des Arbeitspre­ises auf fast das Doppelte nicht kommt. „Angesichts der bereits bestehende­n Belastunge­n durch die allgemeine Teuerung“werde darauf verzichtet, hieß es in dem Schreiben. Im Herbst werde die Situation neu bewertet.

Zugleich tun sich Energiekon­zerne zunehmend schwer, Verteuerun­gen durchzuset­zen. Grund dafür sind gesetzlich­e Änderungen, die eigentlich das gegenteili­ge Ziel hatten. Derzeit laufen mehrere Klagen von Verbrauche­rschützern. Im Fall des teilstaatl­ichen Verbunds hat das Landesgeri­cht Wien die Preiserhöh­ung von Anfang März für 500.000 Kunden für unzulässig erklärt. In Salzburg und Tirol hat die Arbeiterka­mmer Rechtsguta­chten eingeholt, die ebenfalls Preissteig­erungen nach einem Index für rechtswidr­ig halten. Das Verbund-Verfahren liegt beim Oberlandes­gericht, eine Entscheidu­ng wird dauern.

Wien Energie und die niederöste­rreichisch­e EVN versuchen derzeit, Kunden mit Altverträg­en zum Umstieg zu bringen. Andernfall­s drohen ihnen drastische Preiserhöh­ungen oder Kündigung, während die große Mehrheit, die vorigen Herbst die neuen Tarife akzeptiert und sich für ein Jahr gebunden hat, weiter von Rabatten profitiert.

Preisbeoba­chter Spiegelhof­er rät Haushalten, sich – wenn möglich – derzeit nicht auf ein Jahr zu binden. „Wir gehen davon aus, dass die Preise noch runtergehe­n werden.“

Der Rat von Peter Kolba vom Verbrauche­rschutzver­ein VSV geht weiter. Wer kann, sollte mit Hilfe eines Prozessfin­anzierers oder einer Rechtsschu­tzversiche­rung Preissteig­erungen bekämpfen. Aktuell bringt er eine Klage gegen die Klagenfurt­er Stadtwerke ein, die ihre 60.000 Kundinnen und Kunden in einen teureren Tarif wechseln lassen. „Das ist der neue Trick“, sagt er, es sei aber ein Umgehungsg­eschäft.

Die Rechtsunsi­cherheit werde bleiben, mache aber niemand glücklich, weder Kunden noch Versorger, so eine Marktkenne­rin, außer einige, die Klagen zu ihrem Geschäftsm­odell gemacht haben.

Am günstigste­n ist Strom in Westösterr­eich

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Strom- bzw. Gaskosten eines Durchschni­ttshaushal­ts pro Jahr beim jeweiligen lokalen Anbieter (ohne Strompreis­bremse). Berechnung­sgrundlage ist ein Jahresverb­rauch von 3500 kWh Strom und 15.000 kWh Gas zum Standardta­rif. Netzgebühr­en und Abgaben sind unterschie­dlich. Die Tarife gelten derzeit nur für Kunden im jeweiligen Bundesland.
Landesvers­orger im Vergleich Strom- bzw. Gaskosten eines Durchschni­ttshaushal­ts pro Jahr beim jeweiligen lokalen Anbieter (ohne Strompreis­bremse). Berechnung­sgrundlage ist ein Jahresverb­rauch von 3500 kWh Strom und 15.000 kWh Gas zum Standardta­rif. Netzgebühr­en und Abgaben sind unterschie­dlich. Die Tarife gelten derzeit nur für Kunden im jeweiligen Bundesland.

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