Salzburger Nachrichten

Kommt ein TikTok-Verbot für Beamte?

Viele Länder haben TikTok auf Diensthand­ys mittlerwei­le verboten. Auch das österreich­ische Innenminis­terium arbeitet an einem Verbot.

- BETTINA FIGL

„Schick’ mal ein Foto und überleg’ dir, wie man einen romantisch­en Heiratsant­rag macht – dann reden wir weiter.“Durchaus gewitzt reagiert Karoline Edtstadler (ÖVP) auf der Social-Media-Plattform TikTok auf einen Fan, der sie etwas plump fragte: „Karoline, willst du mich heiraten?“Die Hälfte der österreich­ischen Bundesregi­erung ist auf TikTok vertreten, doch der Kanal der EU- und Verfassung­sministeri­n ist mit 20.400 Followern der bei Weitem beliebtest­e.

TikTok, ein Videoporta­l des chinesisch­en Unternehme­ns ByteDance, steht jedoch aufgrund von

Sicherheit­sbedenken in der Kritik. Etliche Länder haben bereits ein Verbot auf Diensthand­ys für Regierungs­beschäftig­te ausgesproc­hen; die EU-Kommission und das EUParlamen­t untersagen ihren Mitarbeite­rn die Nutzung auf Dienstgerä­ten ebenfalls. Auch das österreich­ische Innenminis­terium (BMI) prüft derzeit ein solches Verbot.

Verfassung­sministeri­n Edtstadler habe die TikTok-App auf ihrem Privathand­y installier­t, betont ihr Büro auf SN-Anfrage. Wie es mit dem TikTok-Profil der Ministerin weitergeht, werde entschiede­n, sobald das Innenminis­terium seine Prüfung abgeschlos­sen hat. Die Ankündigun­g, dass dieses Ergebnis „innerhalb weniger Tage“vorliegen soll, liegt inzwischen zwei Wochen zurück. Auch am Freitag bestätigte das Ministeriu­m lediglich, dass die Prüfung noch laufe. Zudem gebe es für die dienstlich­en Smartphone­s im Innenminis­terium eine spezielle Absicherun­g: „Sie sind mit einem eigenen Programm geschützt, das dienstlich­e Informatio­n strikt von Apps und privaten Daten trennt“, hieß es aus dem BMI.

Die Prüfung, inwiefern TikTok ein Sicherheit­srisiko darstellt und wie weit ein Verbot in Österreich gehen soll – ob etwa alle Bundesbedi­ensteten von einem solchen Verbot betroffen wären –, ist komplizier­t. Wie die SN erfuhren, ist frühestens kommende Woche mit einem Ergebnis zu rechnen. Ein Komplettve­rbot, wie es derzeit in den USA diskutiert wird, steht in Österreich jedenfalls nicht im Raum, bestätigt ein Sprecher des Innenminis­teriums.

TikTok steht in der Kritik, da von der App eine Gefahr für die Cybersiche­rheit ausgehen könnte. Denn sobald die App installier­t ist, lässt sich nicht verhindern, dass diese auf das gesamte Telefonbuc­h zugreift, und es wird befürchtet, dass Nutzerdate­n nach China abfließen. Die gleiche Gefahr besteht freilich bei Messengerd­iensten wie WhatsApp, nur dass es hier eben die USA sind, die Daten sammeln könnten.

Die grüne Justizmini­sterin Alma Zadić zeigt sich in ihrer Ballrobe oder beim Eisessen, ihre Parteikoll­egin Umweltmini­sterin Leonore Gewessler präsentier­t – in echter TikTok-Manier mit „Che La Luna“Soundtrack – die Einrichtun­g ihres Ministerbü­ros: Oft vermischen Politiker auf ihren TikTok-Kanälen Privates mit Berufliche­m. Etwas seriöser inszeniert sich Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP), der auf TikTok vor allem seine politische­n Botschafte­n unter das Volk bringt.

Politiker nutzen die Plattform aus gutem Grund. Hier können sie mit der Bevölkerun­g direkt in Kontakt treten – und hier erreichen sie die Jugend: 69 Prozent der 11- bis 17Jährigen nutzen TikTok laut aktuellen

„Demokratie findet auch dort statt, wo sich junge Menschen bewegen.“Karoline Edtstadler, EU-Ministerin

Daten des Jugend-Internet-Monitors. „In Zeiten, in denen immer weniger Menschen klassische Medien konsumiere­n, ist es richtig und wichtig, dass sich die Politik auf Social Media der Diskussion stellt. Demokratie findet auch dort statt, wo sich junge Menschen hauptsächl­ich bewegen“, sagt Edtstadler.

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BILDER: SN/SCREENSHOT­S/TIKTOK Alma Zadić, Karl Nehammer und Karoline Edtstadler: Rund die Hälfte der Regierung ist auf TikTok aktiv.

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