Das Werk des Brillat-Savarin
Die Enthüllung der „Geheimtinktur“. Die Kochkunst wurde Jahrtausende von den Mächtigen wie eine Geheimwissenschaft behandelt. Vor 200 Jahren brachte ein Richter Licht in die Sache.
Nach der Etablierung der Restaurants im ausgehenden 18. Jahrhundert veränderte sich die Kochkunst radikal. War diese bis dahin noch den Mächtigen in ihren Schlössern und sakralen Palästen vorbehalten, kam dieses Wissen im Zuge der Aufklärung nun in „abgespeckter“Form den einfachen Leute zugute. Die Zeiten, als außergewöhnlich gutes Essen ein taugliches Mittel zur Abgrenzung der Oberschicht von ihren Untertanen war, neigten sich dem Ende zu.
Eine Verbreitung dieses Wissens war bis zur Französischen Revolution nicht gewünscht. Obwohl es immer wieder Gelehrte gab, die „Küchengeheimnisse“der Oberschicht öffentlich machten. Ein besonders interessanter Vertreter war diesbezüglich der Humanist und Präfekt der Vatikanischen Bibliothek Bartolomeo Platina (1421–1481). Dieser veröffentlichte 1474 in Venedig das Kochbuch „De honesta voluptate et valetudine“(dt. „Von der anständigen Wolllüstigkeit“), das als erstes Kochbuch der Renaissance gilt, was den Kirchenfürsten offenbar sauer aufgestoßen sein soll. Ebenso wie die Behauptung in seiner von Papst Sixtus VI. in Auftrag gegebenen Papst-Chronik aus dem Jahr 1479: dass nämlich Papst Johannes VIII. in Wahrheit eine Frau namens Johanna gewesen sei.
Ein weiterer Verfechter der modernen Kochkunst für jedermann war der Richter Jean-Anthelme Brillat-Savarin (1744–1826). Er soll 25 Jahre lang an seinem Lebenswerk „Physiologie du Goût“(dt.: „Physiologie des Geschmacks“) geschrieben haben.
Darin beschreibt er die Zubereitung exquisiter Speisen, aber auch Theorien, wie Tafelfreuden zu einer Lehre für ein gelungenes Leben werden können. Heute tragen ein burgundischer Käse und ein raffiniertes Dessert seinen Namen.
Der Dessert namens Savarin wurde 1840 zu seinen Ehren von einem Pariser Patissier so genannt. Das Rezept glich dem Dessert Baba au Rhum. Das ist ein in Rum getränkter Kuchen. Den Unterschied machte nur die „geheime Tinktur“, die – wie wir heute wissen – ein gezuckerter Obstbrand war.
Der Henndorfer Spitzenkoch Emanuel Weyringer verrät uns seine Version, die ihn an seine zweite Heimat erinnert. Das ist die Amalfi-Küste, wo er als Küchenchef eines Drei-Sterne-Restaurants wirkte.
Für das Dampferl benötigen Sie 13 g Hefe, 50 ml Milch und 20 g Mehl. Zuerst die Milch erwärmen, die Hefe darin auflösen und das Mehl unterrühren. Dann zugedeckt bei Zimmertemperatur gehen lassen.
Für den Kuchen: 375 g Mehl, 3 Eier, 2 Dotter, 10 g flüssige Butter, 200 ml lauwarme Sahne, 60 g Zucker, eine Prise Salz und
2 g Vanillezucker. Alle Zutaten und das Dampferl verrühren, bis der Teig cremig ist. Bei Zimmertemperatur mit einem Tuch zugedeckt auf fast die doppelte Menge aufgehen lassen. Nochmals mit einem Kochlöffel aufschlagen (ca. eine Minute). Erneut zudecken und noch einmal aufgehen lassen. Die Savarin-Formen mit flüssiger Butter ausstreichen und mehlieren. Die Form mit dem Teig etwa drei Viertel hoch befüllen. Dann wieder gehen lassen, bis der Teig über die Form ragt. Mit Heißluft bei 170 Grad ca. 15 Minuten backen und noch warm aus der Form geben.
Für Weyringers „Geheimtinktur“benötigen Sie 150 ml Wasser, 100 g Kristallzucker, ein paar Zitronenzesten, 40 ml Limoncello und etwas Vanille. Zuerst das Wasser mit dem Zucker aufkochen. Vom Herd nehmen und den Limoncello, die Vanille und die Zitronenzesten beigeben. Im warmen Zustand den Kuchen etwa zwei Minuten darin tränken. Danach den Kuchen leicht mit den Fingern drücken, damit die überflüssige Flüssigkeit entweicht. Mit Schlagobers und (oder) eingelegten Früchten servieren.