Menschen und Naturkatastrophen
„Der Tag des Jüngsten Gerichts ist gekommen.“
Über Jahrtausende wurden Naturkatastrophen – man denke nur an die biblische Sintflut – als Ausdruck des göttlichen Willens gedeutet. Seit der Aufklärung wurden religiöse durch naturwissenschaftliche Erklärungen ersetzt bzw. ergänzt. So bezeichnete Zedlers „Universal-Lexicon“von 1734 Erdbeben sowohl als Strafe Gottes wie auch als „naturkundliches Phänomen“. Bereits im 19. Jahrhundert zeigte sich, wie der Mensch mit seiner Lebensweise den Charakter von Naturkatastrophen (mit)beeinflusste. In dicht besiedelten und industrialisierten Flusstälern konnten beispielsweise Überflutungen sehr viel größeren Schaden anrichten, wie 1882/83 das Jahrhunderthochwasser am Rhein.
In der Stunde größter Not griffen manche Zeitzeugen biblische Motive auf, wie der englische Kapitän Sampson, als 1883 in der Meerenge zwischen Sumatra und Java der Vulkan Krakatau ausbrach und die im Meer versinkende Vulkaninsel einen riesigen Tsunami auslöste. Den Knall konnte man bis nach Perth in Australien hören, die Druckwelle war noch in Wien und Berlin messbar. „Ich schreibe dies blind, bei pechschwarzer Dunkelheit“, notierte der Kapitän in seinem Logbuch. „Unentwegt prasseln Bimsstein und Asche auf uns nieder. Die Explosionen sind so heftig, dass mehr als die Hälfte meiner Besatzung über gerissene Trommelfelle klagt. Meine letzten Gedanken gelten meiner lieben Frau. Ich bin überzeugt, der Tag des Jüngsten Gerichts ist gekommen.“Buchtipp: Andreas Höfele/Beate Kellner (Hg.): „Naturkatastrophen. Deutungsmuster vom Altertum bis in die Neuzeit“(Brill/Fink-Verlag).