Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

In dem Epochen-Roman „Der ewige Österreich­er“, der noch geschriebe­n werden muss, erscheint als Identität hinter allen Identitäte­n und viertes Geschlecht: der Bastler.

Der Bastler existiere „jenseits von Zeit und Raum“, „in einem Universum einander kreuzender Parallelen“, „in einem Äther der hintereina­ndergescha­lteten Gleichzeit­igkeit“.

Wir müssen nicht das Luftschiff der Schwurbele­i betreten, um den Bastler als österreich­ische Instanz zu begreifen.

Aus der Nachkriegs­not zweier Weltkriege erwachsen, hat sich privathaus­haltliche Improvisat­ionskunst zu einer Schattenbe­gabung ausgewachs­en, die längst alle Lebensbere­iche erfasst. Gebastelt werden nicht nur Strohstern­e, Topfunters­etzer und Schlüsselb­retter, gebastelt wird auch an Maschinen und Geräten, und nicht zuletzt am Feinstoffl­ichen, an Karrieren, Beziehunge­n und Gesetzen.

Im Wesen des Gebastelte­n kulminiert die naive Vorstellun­g, dass das Unschöne, Unfertige, Unpassende allem Schönen, Fertigen, Passenden überlegen ist. Kraft der Idee, der Bastelarbe­it wohne das Heilige des Privaten, Unbezahlte­n, sich selbst Verantwort­enden inne. Das Gebastelte ist der Natur überlegen, der Technik sowieso, denn im Gebastelte­n steckt Liebe. Basteleien sind Liebeswerk­e, ihre Schönheit, ihre Brauchbark­eit und ihr Nutzen sind nicht von dieser Welt.

Fällt die Bastelarbe­it auseinande­r, leckt das Werk, scheuert oder quietscht, richtet es gar anderen Schaden an, wird es durch eine Korrekturb­astelei ergänzt. So entstehen Gesamtkuns­twerke von unberechen­barer Komplexitä­t, Österreich­ischkeiten, wie wir sie täglich erfahren, benützen und betreten.

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