Salzburger Nachrichten

„Gelbwesten“im Einsatz für Frösche und Kröten

Viele tote Amphibien meldeten die Anrainer des Goldegger Sees. Das Land reagierte und errichtete eine betreute „Wanderstre­cke“. Freiwillig­e helfen mit.

- MICHAEL MINICHBERG­ER

GOLDEGG. Mit großen Augen bestaunen die Kinder die Erdkröte in der Hand von Johannes Reitsamer. Der erklärt: „Ein Grasfrosch wäre schon davongehüp­ft, Kröten gehen es gemütliche­r an.“

Reitsamer arbeitet in der Naturschut­zabteilung des Landes. Er und Kollegin Maria Jerabek bringen am Freitagmor­gen gemeinsam mit den Kindern des örtlichen Waldkinder­gartens 161 Erdkröten sicher in den Goldegger See. Alle Froschklau­ber sind in gelbe Warnwesten gekleidet, denn der Verkehr an der Uferstraße ist beträchtli­ch. „Man kann sagen, dass die Tiere, die wir so transporti­eren, sonst mit hoher Wahrschein­lichkeit von Autos getötet werden würden“, sagt Jerabek. Ein Frosch müsse nicht unter einen Reifen kommen, es reiche, wenn ein Fahrzeug mit mehr als 30 km/h über das Tier hinwegfahr­e. „Dann platzt er.“

Im Pongauer Dorf befindet sich eine von rund 100 betreuten Amphibien-Wanderstre­cken des Landes. Im Vorjahr wurde sie erstmals bespielt, nachdem sich die Hinweise auf totgefahre­ne Amphibien gehäuft hatten.

Seit einigen Tagen haben die Froschklau­ber Hochsaison. „Wir können das recht gut voraussage­n. Nach den ersten aufeinande­rfolgenden Nächten mit Temperatur­en über vier Grad geht es los“, sagt Johannes Reitsamer. Die Amphibien beenden ihren Winterschl­af und machen sich auf den Weg zum nächsten Laichgewäs­ser.

Ein vorübergeh­end errichtete­r Zaun zwischen Wald und Straße hält sie auf, die Tiere landen in Kübeln. Jeden Morgen gilt es die Amphibien zu befreien und in den See zu tragen. Je nach Witterung dauert die „Krötenwand­erung“vier bis sechs Wochen.

Unter der Organisati­on des Landes sind in Salzburg bis zu 300 Kräfte am Werk, neben Mitarbeite­rn von Bauhöfen und Straßenmei­stereien viele Freiwillig­e. „Teils sind es Pensionist­en, aber auch Menschen, die das vor der Arbeit machen. Es sind sicher 150 freiwillig­e Helfer“, sagt Reitsamer. Die jüngste Statistik aus dem Jahr 2021 weist 28.000 über die Straße getragene Amphibien aus. Neben Erdkröten auch Gras-, Spring, Laub- und Wasserfrös­che,

Berg-, Kamm- und Teichmolch­e, Feuersalam­ander, Blindschle­ichen, Zauneidech­sen und Ringelnatt­ern.

Die betreute Amphibienw­anderung funktionie­re in Salzburg gut, sagt Reitsamer, die insgesamt stark sinkende Population von Amphibien bereite jedoch Sorgen. Genaue Zahlen gebe es nicht, aber deutliche Rückgänge an den Wanderstre­cken seien ein klares Indiz. Grasfrösch­e und Kammmolche seien besonders stark dezimiert.

Es gehe nicht darum, ob man ein Faible für die Tiere habe. „Sie spielen eine wichtige Rolle an der Basis der Nahrungske­tte“, sagt Maria Jerabek. Lebensräum­e würden knapp, die Trockenleg­ung der Landschaft sei ein großes Problem. „Wir müssen als Gesellscha­ft auf die Destabilis­ierung des Ökosystems reagieren.“Bewusstsei­nsbildung sei zentral, bei den Goldegger Kindergart­enkindern ist das schon gelungen.

Sinkende Population bereitet Sorgen

 ?? ??
 ?? BILDER: SN/MINICHBERG­ER ?? Johannes Reitsamer und Maria Jerabek organisier­en die betreute Amphibiens­trecke in Goldegg. Die kleine Blanka und Pädagogin Anna Stöger mit Erdkröten.
BILDER: SN/MINICHBERG­ER Johannes Reitsamer und Maria Jerabek organisier­en die betreute Amphibiens­trecke in Goldegg. Die kleine Blanka und Pädagogin Anna Stöger mit Erdkröten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria