Das politische Konzert war auch schon einmal besser
Die Qualität der Politik ist im Keller. Was ist nur aus SPÖ und ÖVP geworden?
Sitzt man in einem schlecht gespielten Konzert oder einer mangelhaften Opernaufführung, muss man sich nicht ärgern. Man sollte trotzdem aufmerksam zuhören, denn aus einer schlechten Aufführung lernt man am besten, was eine gute Aufführung ausmacht und wie schwer sie zu bewerkstelligen ist. Ein gutes Konzert kann am meisten schätzen, wer manchmal auch schlechte hört.
Genauso ist es in der Politik. Mit der Qualität der heimischen Politik geht es scheinbar unaufhaltsam bergab, daran gibt es leider nichts zu deuteln. An der geringen Qualität der aktuellen politischen Darbietungen lässt sich aber immerhin ermessen, um wie vieles höher die Qualität zu anderen Zeiten war.
Man nehme nur die SPÖ und vergleiche ihre Integrationskraft in den Kreisky-Jahren und heute. Da besteht ein (wenn man das im Zusammenhang mit einer laizistischen Partei sagen darf) himmelhoher Unterschied. Damals schaffte es die Sozialdemokratie problemlos, Studenten und Pensionisten, Künstler und Bauarbeiter hinter sich zu vereinigen. Heute kann sie nicht einmal mehr für Friede und Freundschaft zwischen den eigenen Genossen in Wien und Eisenstadt sorgen.
Auch die Integrationskraft der zweiten traditionellen Volkspartei in Österreich, der ÖVP, ist stark geschrumpft. Da braucht man sich nur ihren Niedergang in der Wählergunst ansehen. Einst vertraten SPÖ und ÖVP zusammen 95 Prozent der Wähler, heute sind es laut aktuellen Umfragen gerade noch 45 Prozent. Der
Rest ist zu anderen Parteien mit speziellen Angeboten abgewandert. Die Zeit der großen, integrativen Volksparteien ist vorbei.
Das drückt insofern auf die Qualität der Politik, als die Zerklüftung der Parteienlandschaft zu einer Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung geführt hat. Klar: Je mehr Mitbewerber es gibt, desto deutlicher muss man sich als Partei nach allen Seiten abgrenzen, desto lauter muss der eigene Standpunkt vertreten werden. Das macht die Kompromissfindung heute so schwierig und hat dazu geführt, dass große Reformprojekte (etwa eine Pensions- oder Bundesstaatsreform oder gar eine Neudefinition der österreichischen Sicherheitspolitik) mangels Aussicht auf Konsens erst gar nicht mehr versucht werden. Lieber lässt man die Dinge treiben.
Stattdessen verheddert sich die SPÖ in ein heilloses Statuten-Wirrwarr, um irgendwie ihre Führungskrise in den Griff zu bekommen. Und stattdessen zimmert die ÖVP in Niederösterreich eine Koalition, in der sich die Partner derart ablehnen, dass sie sich nicht einmal gegenseitig in die Regierungsämter wählen.
Schlecht, ganz schlecht. Wann wird man wieder ein gutes politisches Konzert hören?