Salzburger Nachrichten

Regierungs­krise in Israel

Netanjahu entlässt Verteidigu­ngsministe­r Joaw Galant, nach Kritik an der umstritten­en Justizrefo­rm.

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Aus Sorge um Israels Wehrfähigk­eit hat Verteidigu­ngsministe­r Joaw Galant die eigene Regierung zum Stopp der umstritten­en Justizrefo­rm aufgerufen. Er forderte am Samstagabe­nd einen Dialog mit den Reformgegn­ern und sprach von einem Zeitrahmen bis zum israelisch­en Unabhängig­keitstag am 26. April. Die nationale Sicherheit werde sonst schweren Schaden nehmen, warnte Galant mit Blick auf zahlreiche Reserviste­n, die aus Protest gegen die Justizrefo­rm nicht zum Dienst bei der Armee erschienen sind.

Galant ist das bisher ranghöchst­e Regierungs­mitglied, das sich kritisch über das Vorhaben zur Schwächung der Justiz äußert. Die Zeitung „Jediot Achronot“

schrieb am Sonntag in ihrer Schlagzeil­e: „Rebellion innerhalb des (regierende­n) Likud“.

Galants Aufruf stieß auf ein geteiltes Echo. Mindestens zwei weitere Mitglieder seiner Likud-Partei unterstütz­ten seine Forderung, wie israelisch­e Medien berichtete­n. Andere Koalitions­mitglieder reagierten dagegen mit Zorn und forderten seine Entlassung. Polizeimin­ister Itamar Ben-Gvir schrieb auf Twitter, Galant sei unter dem Druck der Medien und der Demonstran­ten zusammenge­brochen: „Ich rufe den Ministerpr­äsidenten dazu auf, ihn sofort zu entlassen.“Am Sonntagabe­nd wurde Galant schließlic­h tatsächlic­h entlassen und somit „von seinen Aufgaben entbunden“, wie Netanyahus Büro in einer kurzen Erklärung mitteilte.

Opposition­sführer Jair Lapid nannte Galants Aufruf einen „mutigen Schritt“, der essenziell wichtig für Israels Sicherheit sei.

Lapid rief die Regierung auf, die Gesetzgebu­ng zu stoppen und im Amtssitz des Präsidente­n Jitzchak Herzog einen Dialog zu beginnen.

Organisato­ren der Massenprot­este gegen die Reform teilten mit, die Demonstrat­ionen würden bis zur kompletten Aufgabe der Reformplän­e fortgesetz­t. Sie haben eine „Woche der Störung“mit zahlreiche­n Protesten angekündig­t.

Am Samstagabe­nd versammelt­en sich in der Küstenmetr­opole Tel Aviv wieder rund 200.000 Demonstran­ten. Auch in anderen Städten beteiligte­n sich Zehntausen­de Menschen an Kundgebung­en.

Die rechts-religiöse Koalition um Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu will Kernelemen­te der Reform jedoch schon in den nächsten Tagen umsetzen.

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BILD: SN/IMAGO IMAGES Israels Ministerpr­äsident Netanjahu hat Verteidigu­ngsministe­r Joaw Galant entlassen.

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