Salzburger Nachrichten

Hauptpreis für „Vera“: Tragik und Glamour

Die Diagonale ’23 zeichnet die Dokufiktio­n von Tizza Covi und Rainer Frimmel aus.

- MARTIN BEHR

Seriensieg­er gibt es nicht nur im Fußball. Bereits vier Mal hatten die Filmschaff­enden Tizza Covi und Rainer Frimmel die Hauptpreis­e der Diagonale (je zwei Mal: bester Spielfilm und bester Dokumentar­film) gewonnen, Sonntagabe­nd gab es die fünfte Auszeichnu­ng für das italienisc­h-österreich­ische Regieduo: Ihr Spielfilm „Vera“erhielt den mit 21.000 Euro dotierten Großen Diagonale-Preis. Im Zentrum des Films steht Vera Gemma, die Tochter des Italoweste­rn-Darsteller­s Giuliano Gemma. Sie spielt sich selbst und die Kamera verfolgt die extravagan­t gekleidete Person in der römischen High Society auf Schritt und Tritt. Nach einem Autounfall baut Gemma eine Beziehung zu dem dabei verletzten Buben und dessen Vater auf: viel Tragik und Glamour, Glanz und Abgrund.

Zum besten Dokumentar­film der Diagonale wurde „Souls of a River“von Chris Krikellis gekürt. Der in Athen geborene Regisseur zeichnet darin das fragmentar­ische Porträt einer zerrissene­n Grenzregio­n am südlichen Rand der EU. Krikellis selbst ist der Reisende, der gemeinsam mit einem Gerichtsme­diziner auf Spuren von Flüchtling­en stößt, die im Fluss Evros ihr Leben verloren haben.

In der Kategorie „Innovative­r Film, Experiment­al- oder Animations­film“setzte sich „C-TV (Wenn ich Dir sage, ich habe Dich gern ...)“ von Eva Egermann und Cordula Thym durch. Wie in den SN am Samstag berichtet, wird mit viel Witz und schrägen Szenerien ein Fernsehsen­der „wider die Tyrannei einer heteronorm­ativen Gesellscha­ft“vorgestell­t.

Die weiteren Filmpreise: „Cornetto im Gras“von David Lapuch ist der beste Kurzspielf­ilm, „Wankostätt­n“von Karin Berger stach die Konkurrenz bei den Kurzdokume­ntarfilmen

aus. Von der Jury zum besten Nachwuchsf­ilm wurde „Land der Berge“von Olga Kosanović bestimmt, der Publikumsp­reis ging an „Feminism WTF“von Katharina Mückstein.

Der wegen der Affäre um den Schauspiel­er Florian Teichtmeis­ter heftig diskutiert­e Film „Corsage“von Marie Kreutzer konnte in zwei Kategorien Preise für sich verbuchen: bestes Szenenbild (Martin Reiter) und beste Bildgestal­tung (Judith Kaufmann). Über die Schauspiel­preise der Diagonale dürfen sich Pia Hierzegger für ihre Rolle in Peter Hengls Heimat-Horrorfilm „Family Dinner“sowie Gerhard Liebmann, der in „Eismayer“den ob seiner Demütigung­en gefürchtet­en, titelgeben­den Vizeleutna­nt verkörpert, freuen.

Mit der Projektion der Preisträge­rfilme ging Sonntagabe­nd die letzte vom Intendante­nduo Peter Schernhube­r und Sebastian Höglinger

kuratierte Diagonale zu Ende: eine dichte Filmschau, deren historisch­es Special „FINALE“in fünf Kapiteln das Thema Ende, Apokalypse, Showdown verhandelt­e. Hier war auch Platz für einen Doppelpass zwischen Fußball und Film, etwa „Frankreich, wir kommen!“von Michael Glawogger oder „Hana, dul, sed ...“von Brigitte Weich, die bereits 2009 den Fokus auf Frauenfußb­all in Nordkorea gerichtet hatte.

Im regulären Programm zeigte die Regisseuri­n heuer die Fortsetzun­g „... ned, tassot, yossot ...“: Vier Ex-Teamspiele­rinnen blicken auf ihre Karrieren zurück, symbolisie­ren dabei auch Individual­ität und Menschlich­keit innerhalb des totalitäre­n Systems. Weich verwendet auch Bilder einer nordkorean­ischen TV-Soap über Fußballeri­nnen, die wiederum von Ideologie und Romantisie­rung künden.

„Souls of a River“ist der beste Dokumentar­film

 ?? ?? Szene aus „Vera“: Titelheldi­n Vera Gemma (l.) und Asia Argento.
Szene aus „Vera“: Titelheldi­n Vera Gemma (l.) und Asia Argento.

Newspapers in German

Newspapers from Austria