Wie sich die neue Regierung zusammenraufen will
Zwischen ÖVP und FPÖ wirkt die „belastete Vorgeschichte“nach. Trotzdem habe man ein Arbeitsprogramm verhandelt, „das sich sehen lassen kann“.
SALZBURG. Der erste gemeinsame Auftritt der künftigen schwarzblauen Landesregierung am Freitagvormittag im Chiemseehof ist nicht ohne Störgeräusche über die Bühne gegangen. Die waren nicht das Resultat von internen Zerwürfnissen schon vor dem Amtsantritt, sondern kamen von außen: Sieben Gegner der Koalition hatten sich im Innenhof zusammengefunden, um ihren Protest gegen das Bündnis zumindest für fünf medienwirksame Minuten lautstark kundzutun.
Wie steht es um die Stimmung untereinander, nachdem sich ÖVP und FPÖ im Wahlkampf nicht gerade mit Nettigkeiten bedacht haben? Landeshauptmann Wilfried Haslauer verwies auf „eine belastete Vorgeschichte“. Er habe aber in den vergangenen Wochen von der Gegenseite einen guten Eindruck gewonnen. Auch FPÖ-Chefin Marlene Svazek übte sich in Pragmatismus: „Freundschaft ist keine Kategorie in der Politik.“
Die neue Koalition geht mit der Angelobung am 14. Juni also erst einmal als Zweckgemeinschaft an den Start. Von einem „Regierungsprogramm, das sich sehen lassen kann“, sprach Haslauer. Inhaltliche Überraschungen blieben aus. Einen Coronafonds für Entschädigungen, wie ihn Schwarz-Blau in Niederösterreich aufgesetzt hat, gibt es nicht. Eine „Deutschpflicht“bei der Vergabe von geförderten Mietwohnungen, wie sie Svazek beim Pressegespräch angekündigt hat, findet sich so im Arbeitsprogramm nicht. Die Berücksichtigung von Deutschkenntnissen als ein Kriterium soll lediglich ausdrücklich zu Zusatzpunkten bei der Vergabe führen können – das ist bereits jetzt in einigen Gemeinden wie der Stadt Salzburg gelebte Praxis.
Die Verteilung der Ressorts hat aber da und dort für einige Verwunderung gesorgt. So ist Svazek künftig zwar für Natur- und Umweltschutz zuständig – ausgerechnet der Nationalpark und das Schlüsselprojekt Renaturierung Antheringer Au werden aber nicht in ihren Bereich fallen. Die Verantwortung dafür trägt stattdessen Landesrat Josef Schwaiger, der auch die Organisation von Asylquartieren übernimmt, was aus dem Sozialressort herausgelöst wurde. Letztgenanntes übernimmt Christian Pewny, der zudem mit einer Reihe von Themen wie Lebensmittelaufsicht, Verbraucherschutz und EU-Regionalpolitik betraut wird, die in der Vorgängerregierung keinen wahrnehmbaren Stellenwert eingenommen haben.
Obwohl die FPÖ neu in der Regierung sei, „erlegen wir uns
selbst auch keine Schonfrist auf“, meinte Svazek. Die würde die künftige Opposition SchwarzBlau ohnehin nicht gewähren. Die scheidende Landeshauptmann-Stellvertreterin Martina Berthold (Grüne) sieht eine „rechte Regierung im Rückwärtsgang“. Sie ortet einen Frontalangriff auf den Naturschutz, in
Zusammenhang mit der Kinderbetreuung die Einführung einer Herdprämie für Frauen, und mit der geplanten Kopplung von Deutschkenntnissen an die Vergabe geförderter Wohnungen ziehe Rassismus in das Ressort ein. Eine „rassistische Spaltung“sieht deswegen auch der künftige KPÖ-plus-Landtagsabgeordnete
Kay-Michael Dankl, der einen Privatisierungsstopp für Landesimmobilien, einen Mindestanteil für geförderten Wohnbau in den Gemeinden und Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vermisst.
Die SPÖ sieht eine „Stillstandsregierung“. Die Ankündigungen in wichtigen Bereichen wie Wohnen,
Pflege und Kinderbildung seien „oberflächlich und substanzlos“, hieß es von Parteichef David Egger. Dass Stefan Schnöll zahlreiche Agenden von Haslauer übernimmt, lässt Egger zum Schluss kommen: „Haslauer wird nicht bis 2028 bleiben.“Der blieb auf neuerliche Nachfrage, ob er die fünf Jahre als Landeshauptmann
der Regierung vorstehen werde, bei seiner Ansage vor der Wahl: „Genau das ist der Plan.“Wobei die Abgabe der großen Bereiche Wirtschaft, Tourismus, Gemeinden und Kultur an seinen nunmehrigen Stellvertreter, den als „Kronprinz“gehandelten Stefan Schnöll, eine andere Interpretation zulässt.