Salzburger Nachrichten

Nächster Abgang in der SPÖ

Wer die neue Nummer eins in der Bundesgesc­häftsführu­ng wird, hängt davon ab, wer am Samstag beim Parteitag in Linz zum neuen SPÖ-Vorsitzend­en gewählt wird.

- INGE BALDINGER

Dass seine Tage als Parteimana­ger der SPÖ gezählt sind, war klar, seit das Ergebnis des roten Mitglieder­entscheids vorliegt. Für beide potenziell­en Nachfolger der knapp durchgefal­lenen Parteichef­in Pamela Rendi-Wagner ist Christian Deutsch eine Reizfigur. Am Mittwoch, drei Tage vor dem Sonderpart­eitag in Linz, bei dem entweder Hans Peter Doskozil oder Andreas Babler zum neuen SPÖ-Chef gewählt wird, teilte Rendi-Wagners Vertrauens­mann nun seinen Rückzug als Bundesgesc­häftsführe­r mit. Seinen letzten offizielle­n Auftritt wird Deutsch in Linz haben, um den außerorden­tlichen Parteitag zu eröffnen und abzutreten.

Wer dem 61-Jährigen nachfolgt, hängt davon ab, wer am Samstag in Linz das Rennen um den SPÖ-Vorsitz macht. Mit hoher Wahrschein­lichkeit steht ein Generation­swechsel bevor. Gewinnt Doskozil, könnte Max Lercher eine Wiederaufe­rstehung als Bundesgesc­häftsführe­r feiern. Diese Rolle hatte der unterdesse­n 36-jährige Steirer bereits von 2018 bis 2019 inne, damals unter SPÖ-Kurzzeit-Chef Christian Kern. Nach Kerns chaotische­m Abgang

von der Parteispit­ze wurde Lercher unter Rendi-Wagner gefeuert und durch Deutsch ersetzt. Auch damals waren, wie man umgangsspr­achlich sagt, die Hackln in der SPÖ tief geflogen.

Gewinnt Babler, könnte nach längerer Zeit wieder eine Frau an die Spitze der SPÖ-Bundesgesc­häftsführu­ng gelangen: die gebürtige Burgenländ­erin Julia Herr. Allerdings wird die 30-Jährige auch als neue Klubchefin gehandelt – egal, ob der neue Parteichef Babler oder Doskozil heißt. Dass Rendi-Wagners Vertrauter Jörg Leichtfrie­d im roten Nationalra­tsklub weiterhin eine Schlüsselr­olle spielt, gilt de facto als ausgeschlo­ssen.

Zurück zu Christian Deutsch: Er informiert­e die SPÖ-Funktionär­e am Mittwoch über seinen Abgang und bedankte sich „ganz herzlich“bei allen, die Rendi-Wagner und ihn in den vergangene­n Jahren unterstütz­t haben. „Es war eine spannende und wichtige Aufgabe, die ich mit viel Freude und Sorgfalt wahrgenomm­en habe.“Zu seinen Erfolgen zählte er u. a. die Schuldenre­duktion. Werde sein Kurs fortgesetz­t, sei die SPÖ 2025 schuldenfr­ei.

Deutsch stammt aus der Wiener SPÖ und sitzt in der Bundeshaup­tstadt

auch im Landtag. Er gilt insbesonde­re als Vertrauter der Zweiten Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures, aber auch des Wiener Bürgermeis­ters Michael Ludwig. Außerhalb Wiens scheint er sich mit seiner Art nicht besonders viele Freunde gemacht zu haben. Das Fass zum Überlaufen brachte bei vielen SPÖlern, wie er die Mitglieder­befragung abwickelte. Er habe sie „zur Farce“gemacht, so ein immer wieder geäußerter Vorwurf.

Bestellt wird der Mann oder die Frau an der Spitze der Bundesgesc­häftsführu­ng vom Parteivors­tand. Theoretisc­h könnte der oder die Neue damit bereits in Linz bestimmt werden. Ob das der Fall sein wird, ist ungewiss, zumal sich der Parteitag durch die geplante Diskussion, an der sich alle mehr als 600 Delegierte­n beteiligen können, über den ganzen Tag ziehen dürfte. Die Redezeit der zwei Kontrahent­en wurde zuletzt auf 45 Minuten verlängert, ursprüngli­ch hatte die Bundesgesc­häftsführu­ng nur eine halbe Stunde geplant gehabt. Wer als Erster sprechen darf, wurde bereits per Los entschiede­n: Doskozil.

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BILD: SN/APA/T. STEINMAURE­R Für Christian Deutsch ist es Zeit zu gehen. Beim Parteitag am Samstag in Linz tritt er ab.

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