Das Monster steckt im Kleiderschrank
„The Boogeyman“ist eine vor allem visuell überzeugende Verfilmung einer Stephen-King-Vorlage.
Material von Stephen King zu verfilmen wurde und wird oft versucht. Selten geht es gut, wie bei „Shining“oder „It“, meist geht es ziemlich schief, wie zuletzt etwa bei „Dr. Sleep“mit Ewan McGregor oder „Der dunkle Turm“mit Idris Elba. Regisseur Rob Savage, der vor zwei Jahren mit dem formidablen No-Budget-Thriller „Host“auf sich aufmerksam machte, setzt sich nun mit „The Boogeyman“ziemlich genau in die Mitte.
Wenn man die Vorlage, Stephen Kings gleichnamige Kurzgeschichte aus 1973, kennt, ist das allerdings dennoch bemerkenswert: „The Boogeyman“, die Story um einen Mann, der seinem Therapeuten vom mysteriösen Tod seiner drei Kinder erzählt, gehört nicht zu den Perlen des Meisters. Für den Film wurde die Geschichte auch heftig umgemodelt, hier geht es um den jüngst verwitweten Will (Chris Messina), der – ein Lieblings-Erzählmittel Kings – seinen Kindern nicht glauben will, als sie ihm von übernatürlichem Grauen erzählen. In diesem Fall ist es ein bösartiges Monster, der „Boogeyman“, der bei Dunkelheit aus dem Kleiderschrank kommt. Als Will schließlich wohl oder übel zur Kenntnis nehmen muss, dass seine Kinder keine erfundenen G’schichtln erzählen, ist es natürlich längst zu spät.
Jedes Filmgenre nimmt sein Zielpublikum aufs Korn und schreckt dabei selten vor Manipulation zurück. Kinderfilme arbeiten etwa gerne mit der Urangst vor dem Elternverlust, umgekehrt nutzen Erwachsenenfilme genussvoll die größte Vulnerabilität des volljährigen Publikums: die eigenen Kinder. Das Horrorgenre lebt gleichsam davon, emotionale Eltern an ihren Nervensträngen durch Schockmomente zu ziehen, in denen FilmKids von bösen Mächten entführt, gequält oder instrumentalisiert werden – kaum ein Erzählmittel bindet ein Publikum schneller und effektiver an die Protagonisten. Robert Savage versucht hier gar nicht erst, diese Mechanismen zu verkleiden. Ganz im Gegenteil, er gibt noch damit an, wie perfekt er sie inszeniert. Und damit, zusammen mit der wirklich beeindruckenden Optik des Films, wird „The Boogeyman“zwar kein Meisterwerk, ist aber eine durchaus aufregende Kino-Geisterbahnfahrt.
„The Boogeyman“, USA 2023. Regie: Rob Savage. Mit Chris Messina, Sophie Thatcher, Vivien Lyra Blair. Start: 1. 6.