Salzburger Nachrichten

„Opfer wurde zur Sache degradiert“

Fall Leonie: Es bleibt bei lebenslang und 19 Jahren Haft für zwei Afghanen.

- FRITZ PESSL

Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat am Mittwoch die Rechtsmitt­el von zwei Afghanen zurückgewi­esen, die im Juni 2021 in Wien der damals 13-jährigen Leonie eine Überdosis Ecstasy verabreich­t und das Mädchen im Zustand der Wehrlosigk­eit mehrfach vergewalti­gt hatten. Leonie erstickte, ohne dass die Beschuldig­ten Hilfe geholt hätten. Das Höchstgeri­cht beließ die Strafen bei lebenslang bzw. 19 Jahren Haft. Die Nichtigkei­tsbeschwer­de des 24-Jährigen wurde ebenso verworfen wie beide Strafberuf­ungen. Damit sind alle Urteile rechtskräf­tig. Der Fall hatte wegen der besonderen Kaltblütig­keit für großes mediales Aufsehen gesorgt.

Der Vorsitzend­e Richter Rudolf Lässig führte aus, dass es sich beim Fünfersena­t durchwegs um erfahrene und langgedien­te Strafricht­er handle. „Selbst uns ist so ein hoher Grad an Schuld kaum je untergekom­men. Das Maß der Schuld ging weit darüber hinaus, was erträglich ist.“Und weiter: „Das Opfer wurde geradezu zur Sache degradiert. Und seine Leiche wurde wie ein Gegenstand auf der Straße abgelegt.“

Der Körper des Mädchens aus Niederöste­rreich war am 26. Juni 2021 auf einem Grünstreif­en in Wien-Donaustadt von Passanten leblos aufgefunde­n worden. Den Feststellu­ngen des Landesgeri­chts Wien zufolge starb Leonie infolge einer Suchtmitte­lvergiftun­g, ihr seien in der Wohnung eines der Beschuldig­ten heimlich in Getränken sieben Ecstasy-Tabletten verabreich­t worden. In diesem Zustand der Wehrlosigk­eit sei die 13-Jährige nacheinand­er von drei jungen Männern afghanisch­er Abstammung sexuell missbrauch­t worden.

Ein dritter 19-jähriger Angeklagte­r,

dem die Wohnung gehörte, erhielt vom Erstgerich­t wegen Mordes durch Unterlassu­ng und Vergewalti­gung 20 Jahre Haft. Er hat die Höchststra­fe für einen jungen Erwachsene­n angenommen, weshalb das Höchstgeri­cht sich mit ihm nicht beschäftig­en musste.

Generalanw­alt Josef Holzleithn­er hatte zu Beginn der Höchstgeri­chtsverhan­dlung appelliert, beiden Rechtsmitt­eln den Erfolg zu versagen. Gerade der erstangekl­agte 24Jährige habe eine „massive Gleichgült­igkeit gegen die körperlich­e Unversehrt­heit, die sexuelle Integrität und das Leben anderer an sich“an den Tag gelegt, sagte Holzleithn­er. Er verwies auch auf drei einschlägi­ge Vorstrafen des Afghanen nach dem Suchtmitte­lgesetz. Auch Privatbete­iligtenver­treter Johannes Öhlböck erklärte, dass bei den Angeklagte­n nach wie vor keinerlei Schuldbewu­sstsein erkennbar sei.

Newspapers in German

Newspapers from Austria