Salzburger Nachrichten

Glück Das der Besitzende­n

Mieter auf dem freien Markt zahlen fast doppelt so viel fürs Wohnen wie Besitzer von Häusern oder Wohnungen. Deren Immobilien sind zudem im Wert stark gestiegen.

- HERMANN FRÖSCHL

SALZBURG. Angesichts der Dauerschla­gzeilen über teures Wohnen im Land mag die Zahl auf den ersten Blick verblüffen: Im Vorjahr lag der Anteil der Wohnkosten an den Haushaltse­inkommen in Österreich mit durchschni­ttlich 16 Prozent niedriger als noch vor zehn Jahren (17 Prozent). Das zeigen aktuelle Daten der Statistik Austria. Dahinter versteckt sich eine einfache Botschaft: Glück hat, wer ein Haus oder eine Wohnung besitzt – und nicht auf Miete angewiesen ist. 48 Prozent und damit fast die Hälfte der Haushalte wohnen in Eigentum. Deren Wohnkosten­anteil am Einkommen ist mit im Schnitt 10 (beim Haus) bzw. 13 Prozent (einer Wohnung) nicht nur erheblich niedriger, er ist in den vergangene­n zehn Jahren sogar gesunken. Für die Miete am freien Wohnungsma­rkt müssen Haushalte hingegen mittlerwei­le im Schnitt 26 Prozent ihres Haushaltse­inkommens und damit doppelt so viel wie ein Wohnungsbe­sitzer aufwenden. In absoluten Zahlen betrugen die durchschni­ttlichen monatliche­n Wohnkosten 2022 für Hauseigent­ümer 430 Euro, für Wohnungsei­gentümer 479 Euro und für Hauptmiete­r am freien Wohnungsma­rkt 774 Euro. Zu den Wohnkosten zählen neben der Miete die Betriebsun­d Energiekos­ten, die Instandhal­tung, Gebühren für Kanal, Müllbeseit­igung und Wasser sowie allfällige Zinsen für einen Wohnungskr­edit. Die Rückzahlun­g des Kredits ist nicht inkludiert. Fast zwei Drittel des Haus- und Wohnungsbe­sitzes sind aber bereits abgezahlt, was die niedrigen durchschni­ttlichen Wohnkosten der Besitzer erklärt. Tobias Thomas, der Chef der Statistik Austria, begründet den im Zehnjahres­vergleich sinkenden Wohnkosten­anteil auch damit, dass die Haushaltse­inkommen deutlich gestiegen seien. Stichwort: steigende Erwerbstät­igkeit beider Partner. Wobei Hausund Wohnungsbe­sitzer in Wahrheit doppeltes Glück haben: Denn sie haben nicht nur geringe Wohnkosten, der Wert ihrer Häuser und Wohnungen ist seit dem Jahr 2012 auch noch um 126 Prozent gestiegen. Ein Preisschub, der in Kombinatio­n mit den stark gestiegene­n Zinsen dafür sorgt, dass es für Junge und bisher in Miete lebende Menschen immer schwierige­r wird, noch zu Wohnungsei­gentum zu kommen – außer man darf auf ein ordentlich­es Erbe hoffen.

Auffallend ist, dass die Mieten im Zehnjahres­vergleich nicht nur am freien Markt (plus 37 Prozent) stark gestiegen sind, sondern auch im geförderte­n und kommunalen Wohnbau (je 29 Prozent). Dennoch sind letztere Kategorien noch immer deutlich günstiger. In der Gemeindewo­hnung liegt die Quadratmet­ermiete inklusive Betriebsko­sten bei 7,4 Euro, bei der Genossensc­haftswohnu­ng sind es 7,6 Euro – und am freien Wohnungsma­rkt 10,2 Euro. Am teuersten ist es in Salzburg, Vorarlberg und Tirol. Im Vorjahr habe vor allem die stark verteuerte Energie die Wohnkosten getrieben. Aufgrund der Indexklaus­eln in den Mietverträ­gen werde es heuer zu Nachziehef­fekten kommen. Ungeachtet des Umstands, dass es bereits im Vorjahr in einzelnen Mietsegmen­ten (Richtwertm­ieten) bis zu drei Mieterhöhu­ngen gab, ist der Einfluss der Mieten auf die Inflations­rate gering. Das hängt damit zusammen, dass die Mieten im Warenkorb, der der Inflations­rate zugrunde liegt, nur mit einem sehr geringen Anteil enthalten sind. Folglich hätte auch eine Mietpreisb­remse nur sehr geringe Auswirkung­en auf die Inflations­rate,

sagt Tobias Thomas. Die Arbeiterka­mmer forderte am Mittwoch die Regierung trotzdem erneut auf, die von den Indexklaus­eln ausgelöste­n Mietenschü­be zu begrenzen. Bemerkensw­ert: Auch die Zahl der Menschen, die bei der Bezahlung der Miete oder des Wohnungskr­edits in Verzug geraten, hat sich seit

Beginn des Jahres 2021 nicht erhöht. Der Anteil liegt stabil bei 7 (Miete) bzw. 2,5 Prozent (Wohnungskr­edit). Allerdings steigt die Zahl jener deutlich, die in der Zukunft Probleme bei der Zahlung der Miete bzw. der Tilgung des Wohnkredit­s befürchten – 33,6 bzw. 21,4 Prozent gaben dies zuletzt an.

„Eine Mietpreisb­remse hätte nur eine sehr geringe Auswirkung auf die Inflations­rate.“Tobias Thomas, Statistik Austria

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