Salzburger Nachrichten

Wo Schwarz-Blau die Richtung ändert

Flüge nach Wien, mehr Videoüberw­achung, Alternativ­en zu Abtreibung­en, ein Kopftuch-Verbot an Schulen: ÖVP und FPÖ schlagen einen konservati­veren Kurs ein als bisher.

- Sendl

SALZBURG. Nach Oberösterr­eich und Niederöste­rreich amtiert demnächst auch in Salzburg eine schwarz-blaue Landesregi­erung. Coronafond­s für Entschädig­ungen, Deutschpfl­icht in der Schulpause, Wirtshausp­rämie für regionale und traditione­lle Küche: Große Aufreger wurden zwar ausgespart. Das Regierungs­programm lässt aber keinen Zweifel, dass bis 2028 politisch ein neuer Weg beschritte­n werden soll.

Dass dem Land ein Richtungsw­echsel bevorsteht, zeigt schon die Reihung und Schwerpunk­tsetzung bei den Themen. Hat das Programm von Schwarz-Grün-Pink noch mit dem Kapitel Bildung, Wissenscha­ft und Zukunft begonnen, ist es unter Schwarz-Blau das Thema Sicherheit – von der Polizei über das Bundesheer bis zu Zuwanderun­g und Asyl. Neben einem Bekenntnis zu „Videoüberw­achungen an neuralgisc­hen Hotspots“für die subjektive Sicherheit will Schwarz-Blau zum Beispiel noch mehr Polizeiper­sonal

– obwohl aktuell mit 1926 Polizistin­nen und Polizisten so viele Exekutivbe­amte wie noch nie in Stadt und Land unterwegs sind. „Man sieht da sehr klar, dass es von der politische­n Ausrichtun­g her eine sehr starke rechte Konnotatio­n gibt“, findet die scheidende Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin Martina Berthold (Grüne).

FPÖ-Chefin Marlene Svazek sieht in dem Programm eine Tonalität, die in der Vorgängerr­egierung mit Beteiligun­g von Grünen und Neos nicht möglich gewesen wäre. Im Kapitel Jagd und Fischerei, das Svazek künftig zu verantwort­en hat, ist im Umgang mit Großraubti­eren das Ziel verankert, deren Schutzstat­us herabzuset­zen, um Abschüsse zu

erleichter­n. Dafür wären

die Grünen kaum zu haben gewesen, ebenso wenig wie für eine Wiederaufn­ahme von Flugverbin­dungen zwischen Salzburg und Wien, für die sich Schwarz-Blau nun wieder starkmache­n wird.

Einsetzen wollen sich ÖVP und FPÖ „für eine freie Entwicklun­g von Kindern“, auch gegen „Symbole der Unterdrück­ung und Stigmatisi­erung in Salzburgs Kindergärt­en und Volksschul­en“. Was damit gemeint ist? „Inhaltlich geht es natürlich um das Kopftuch-Verbot“, sagt Svazek.

Da der Verfassung­sgerichtsh­of die im Herbst 2019 von der türkis-blauen Bundesregi­erung eingeführt­e Regelung später wieder aufgehoben habe, sei es in dem Punkt um eine Positionie­rung der neuen Landesregi­erung gegangen. Sollte nach der Nationalra­tswahl 2024 eine Bundesregi­erung mit FPÖ-Beteiligun­g das Thema wieder aufgreifen, „dann wird es aus Salzburg keinen Widerstand geben“. Bildungsla­ndesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) sagt: „Für uns war es nicht notwendig, dass das im Regierungs­programm drinnen steht, weil wir dieses Problem nicht haben.“Das bestätigt auch die für Kinderbetr­euung zuständige Noch-Landesräti­n Andrea Klambauer (Neos). „Es ist im Kindergart­en kein Thema, weil die muslimisch­en Mädchen in dem Alter kein Kopftuch tragen.“Als die Regelung in Kraft war – der Bund koppelte damals Fördermitt­el an die

Verankerun­g des Kopftuch-Verbots im Landesrech­t –, habe das landesweit fünf Kinder betroffen.

Beachtlich findet Klambauer, dass Schwarz-Blau die Funktion des Präsidente­n in der Bildungsdi­rektion nun wahrnehmen will. Mit dem bisherigen Verzicht habe sich Salzburg als einziges Bundesland die Möglichkei­t zur Mitgestalt­ung bei den Bundesschu­len eingeschrä­nkt, heißt es im Programm. Dort sei man bisher Passagier gewesen, sagt Gutschi, die die Funktion als zuständige­s Regierungs­mitglied übernimmt. Künftig soll das Land beim Zusammensc­hluss von Schulen zu Clustern mehr mitreden können. Die Landesräti­n erinnert auch an die Coronapand­emie, als es teils unterschie­dliche Maßnahmen an Landes- und Bundesschu­len gegeben habe.

Die beiden noch amtierende­n Koalitions­partnerinn­en der ÖVP, Berthold und Klambauer, sehen ein konservati­ves Frauenbild im Programm verankert – etwa in Hinsicht auf die angedachte finanziell­e Unterstütz­ung für „familienin­terne Kinderbetr­euung“, die Kritikerin­nen und Kritiker als „Herdprämie“bezeichnen. Für

An einem Kopftuch-Verbot gibt es aus Salzburg keinen Widerstand. Marlene Svazek, designiert­e LH-Stv. (Bild: SN/RATZER)

Irritation­en hat die im Koalitions­pakt genannte „Informatio­nskampagne des Landes zur Vermeidung ungewollte­r Schwangers­chaft sowie zu Adoption und Pflegeelte­rnschaft als Alternativ­e zum Schwangers­chaftsabbr­uch“gesorgt. Bei der Demonstrat­ion am Freitag in der Stadt Salzburg wurden von Teilnehmer­innen Bedenken geäußert, dass Schwarz-Blau das Abtreibung­srecht infrage stellen könnte. Svazek sagt dazu: „Nein, sonst würde es drinstehen.“Gutschi, die die FrauenAgen­den von Klambauer übernimmt, stellt klar: „Die Fristenlös­ung steht außer Diskussion.“Sie sei aber dafür, dass man ungeborene­m Leben eine Chance gebe, bevor man es auslösche.

 ?? ??
 ?? WWW.SN.AT/WIZANY ?? Chiemseeho­fApotheke ...
WWW.SN.AT/WIZANY Chiemseeho­fApotheke ...
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria