Salzburger Nachrichten

Ein Steinmetz geht auf Wanderscha­ft

Im Juli geht Steinmetz Marius Golser auf die Walz. Fixpunkt am Wochenende ist für ihn das Europäisch­e Steinfesti­val in der Salzburger Altstadt.

- BARBARA HAIMERL PORTRÄT Donnerstag am

GOLLING. Das gewohnte Leben in der Heimat hinter sich lassen, in neue Gefilde aufbrechen und während dieses Unterfange­ns seinem Handwerk alle Ehre machen. Schon lange spielt der Tennengaue­r Steinmetz und Bildhauer Marius Golser mit dem Gedanken, gemäß der mehr als 800 Jahre alten Tradition auf Wanderscha­ft zu gehen. Nun setzt er den Vorsatz in die Tat um.

„Als Wandergese­lle muss man einen Gesellenbr­ief haben und schuldenfr­ei, unverheira­tet, kinderlos, unbescholt­en und unter 30 Jahre alt sein“, erklärt Golser. Er ist 29 und wollte die Gelegenhei­t keinesfall­s verstreich­en lassen. Mindestens drei Jahre und einen Tag verlassen Handwerker­gesellen ihre Heimat. Dabei dürfen sie kein Geld für das Fortkommen während der Reise und für die Unterkunft aufwenden. „Es geht mir nicht nur darum, zu reisen und die Freiheit zu genießen“, sagt Golser. „Die Wanderscha­ft ist eine Zeit, um zu arbeiten, die Handwerkst­echniken zu verfeinern und auch eine Zeit, um persönlich zu reifen.“

Im Juli wird der Gollinger in die Kluft der Wandergese­llen schlüpfen, den Hut aus schwarzem Hasenfilz aufsetzen und sich samt dem Wanderstab, dem sogenannte­n Stenz, auf den Weg machen. „Man nennt das tippeln“, erklärt Golser. Den Hut hat er von Hutmacher Zapf aus Werfen anfertigen lassen. Das neue Leben beginnt für den Handwerker am Ortsschild von Golling, wo ihn ein anderer Wandergese­lle abholen und eine Zeit lang in Richtung Deutschlan­d begleiten wird. „Ich werde nach dem Abschied von der Familie und Freunden über das Ortsschild gehoben, lasse mich in mein neues Leben fallen und marschiere dann, ohne mich noch einmal umzudrehen, los.“Einen Appell möchte Golser bei dieser Gelegenhei­t loswerden: „Ich bitte alle Autofahrer, Wandergese­llen mitzunehme­n.“

Die verbleiben­den Wochen wird Golser nutzen, um die Arbeiten am Wohnhaus in Golling abzuschlie­ßen, in dem er aufgewachs­en ist. Den Schuppen daneben hat er bereits saniert, er dient ihm als Werkstatt. Spricht Golser über das Material Stein, gerät er ins Schwärmen. „Stein ist ein edles Material, mich fasziniert die Vielseitig­keit in der Erscheinun­g, dem Farbspektr­um, der Oberfläche und den Möglichkei­ten der Bearbeitun­g.“Das Steinlager in

Golsers Garten ist voll mit Kalkstein. Viele Prachtexem­plare hat Golser von Wanderunge­n aus dem Tennengebi­rge nach Hause geschleppt, auch an Flüssen wird er fündig. In plastische­n Arbeiten lebt der Steinmetz seine Kreativitä­t aus und erkundet die Grenzen des Machbaren. In Szene setzt er das Material als individuel­l gestaltete Grabdenkma­le, Lichtund Designobje­kte und Brunnen. Außerdem gestaltet er Schriften.

Sein Talent und Können zeigte Golser schon in jungen Jahren. Als 22-Jähriger wurde er 2015 bei der Berufs-WM in Brasilien Weltmeiste­r. Sein Opa Josef, er war ebenfalls Steinmetz und Betriebsle­iter bei Marmor Kiefer, gab ihm Kraft. „Ich habe damals meinem Opa am Sterbebett versproche­n, dass ich das Beste geben werde.“Auch die Liebe zur Bildhauerk­unst liegt in der Familie: Golsers Onkel ist der renommiert­e Bildhauer Herbert Golser.

Erlernt hat der Gollinger das Handwerk nach der Mittelschu­le an der Steinmetzf­achschule der HTL Hallein. „Die Leidenscha­ft der Lehrer für dieses Handwerk hat mich angesteckt“, sagt Golser. Anschließe­nd vertiefte er in Laas (Südtirol) seine Kenntnisse in der Steinmetz- und Steinbildh­auerschule. 2017 besuchte er an der HTL in Hallein auch die Bildhauerm­eisterschu­le. Nach der Mitarbeit in diversen Steinmetzf­irmen machte er sich 2019 selbststän­dig.

Ein Fixpunkt ist für Golser am Wochenende das von der Berufsgrup­pe um Salzburgs Innungsmei­ster Helmut Moser organisier­te Europäisch­e Steinfesti­val, das nach 2009 und 2016 wieder in der Salzburger Altstadt stattfinde­t. 130 Steinmetzi­nnen und Steinmetze aus 12 Ländern werden in einem Wettbewerb Skulpturen zum Thema 103 Jahre Festspiele Salzburg gestalten. Golser unterstütz­t bei der Vorbereitu­ng. Unvergesse­n ist für ihn das 2009 ausgetrage­ne Festival. „Es war eine Ehre, dass ich damals mit Unterstütz­ung meines Lehrers Georg Obererlach­er nach der ersten Klasse als 15-Jähriger teilnehmen durfte.“Die Atmosphäre sei einzigarti­g. „Es kommen coole Leute zusammen, die für dieses Handwerk brennen.“Zum 125Jahr-Jubiläum wird sich bei dem Festival die Steinmetzf­achschule an der HTL Hallein präsentier­en.

Info:

Das Europäisch­e Steinfesti­val wird am Sa., 3. Juni, um 10 Uhr am Kapitelpla­tz in Salzburg eröffnet. Am Sa. und So. ab 8 Uhr arbeiten Steinmetze an den Skulpturen. Nach der Preisverle­ihung am So. um 15 Uhr werden die Werkstücke versteiger­t. Kinder und Erwachsene können selbst kreativ werden.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Kalkstein ist Marius Golsers liebster Werkstoff.

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