Salzburger Nachrichten

Frische Milch vom Hof direkt bis vor die Haustür

Was als Versuch begann, ein Einkommen zu erwirtscha­ften, hat sich zu einem Betrieb mit drei Mitarbeite­rn entwickelt. Landwirt Bernhard Perwein beliefert Privatkund­en und Gastronomi­e mit Milch vom elterliche­n Hof.

- JUDITH NEUHUBER

„Ich bin mit Leidenscha­ft Landwirt“, betont Bernhard Perwein. Die Begeisteru­ng dafür wurde ihm in die Wiege gelegt, denn seine Eltern sind die Altbauern des Zieferhofs in Leogang. 2004 baute der Vater gemeinsam mit dem Nachbarn, dem Ottingbaue­rn, einen neuen Stall. Seitdem werden beide Betriebe als Betriebsge­meinschaft „Rinderzuch­tgemeinsch­aft Leogang“geführt. Spätestens nachdem Bernhard Perwein 2007 an der Höheren Bundeslehr­anstalt für Landwirtsc­haft in Ursprung maturiert hatte, war klar, dass er in den elterliche­n Hof einsteigen will. Um aber tatsächlic­h daheim arbeiten zu können, suchte er nach einem zusätzlich­en Einkommen. Schließlic­h sollten er und später auch seine eigene Familie – inzwischen ist Perwein verheirate­t und Vater – von etwas leben können.

Da reifte in ihm die Idee eines Milchliefe­rservices nach dem Vorbild eines Mitschüler­s aus Kärnten. Zum einen gab es etwas Vergleichb­ares in der Region nicht, zum anderen waren am Anfang keine großen Investitio­nen notwendig. 2012 gründete Perwein schließlic­h „Mei Muich“. Inzwischen ist der Lieferserv­ice fest in der Region verankert und er erlaubt es Perwein, vom festgesetz­ten Milchpreis unabhängig zu sein. Denn mit „Mei Muich“ kann er die Milch der rund 40 Kühe zu einem höheren Preis verkaufen. Allerdings fließt nicht die gesamte Milch in den Lieferserv­ice. Einen Teil verkauft Perwein nach wie vor an die Pinzgau Milch.

Perwein erinnert sich noch an die Anfänge seines Lieferserv­ices. „Die erste Maschine, die gekauft wurde, war eine Gastrospül­maschine zum Flaschenre­inigen.“Schließlic­h gibt es die Milch vom Zieferhof in einer EinLiter-Mehrwegfla­sche. Zuerst wurden die Flaschen noch von Hand abgefüllt. Nach einem Jahr übernahm diese Aufgabe die erste eigene Abfüllanla­ge. „Gestartet haben wir mit Rohmilch. Am ersten Tag waren es rund 50 Liter, die wir ausgeliefe­rt haben“, erzählt Perwein. Inzwischen bietet

„Der Lieferserv­ice ist darauf ausgericht­et, dass kaum Müll entsteht.“Bernhard Perwein, Landwirt

er seinen Kunden auch pasteurisi­erte Milch an.

Seine Kunden – das sind zum einen 160 Privatleut­e (zu Spitzenzei­ten waren es 300) aus Leogang und Saalfelden, die zwei Mal in der Woche Milch vom Zieferhof beziehen. Zum anderen sind das Gastronomi­ebetriebe, die vor allem in Leogang, aber auch in Dienten und Kaprun ihren Sitz haben. „Die Gastronomi­e wird bis zu drei Mal in der Woche beliefert“, berichtet Perwein und ergänzt, dass seine Milch inzwischen auch in acht Billa-Filialen erhältlich ist. Bedingt durch saisonale Schwankung­en in der Gastronomi­e versorgt Perwein alle drei Kundengrup­pen mit 1000 bis 2000 Litern Milch pro Woche, aufgeteilt in ein Drittel Rohmilch und zwei Drittel pasteurisi­erte Milch.

„Zugestellt wird sie immer vormittags“, sagt Perwein. „Die

meisten Kunden haben Abos, die aber sehr flexibel sind.“Wenn man einmal nichts braucht, reicht eine WhatsApp oder ein E-Mail. Umgekehrt kann man einen Zettel an die Tür kleben, wenn man einmal zwei Liter mehr benötigt. „Wir produziere­n immer ein bisschen drüber, falls mehr gebraucht wird. Sollte Milch übrig bleiben, wird sie in unserem Hofladen verkauft“, erklärt Perwein. Dort gibt es neben Milch auch Joghurt, Topfen, Frischkäse, Buttermilc­h und Butter.

„Wir sind gerade am Experiment­ieren, wo die Reise hingeht“, schildert er und meint damit neue Produkte, wie zum Beispiel Käse oder weitere Topfenvari­anten. Der Topfen, der bisher angeboten wird, ist nach Perweins Aussage sehr beliebt. Seine Konsistenz

sei cremig, sein Geschmack mild und das Herstellun­gsverfahre­n anders als sonst bei Topfen. Seine Produktion dauere mindestens drei Tage, was laut Perwein sehr aufwendig ist. Neue Produkte müssen deshalb in die bisherigen Arbeitsabl­äufe passen.

Gearbeitet wird in der inzwischen dritten Produktion­sstätte. Angefangen hat alles in der Milchkamme­r des Bauernhofs. Danach kam „Mei Muich“für

neun Jahre in zwei Containern unter, bis schließlic­h 2021 eine eigene Molkerei auf dem Hof gebaut wurde.

Geändert hat sich nicht nur die Wirkungsst­ätte. Neben Perwein und seiner Frau sind inzwischen auch drei Mitarbeite­r in der Hofmolkere­i beschäftig­t, die regelmäßig fortgebild­et werden, etwa zum Thema Hygiene. Hinsichtli­ch einer möglichen Käseproduk­tion gab es heuer auch schon zwei Käsekurse. Wurde der Lieferserv­ice

einst per Postwurf beworben, gibt es heute eine Homepage, deren Relaunch im Juni oder Juli abgeschlos­sen sein soll. Damit einhergehe­n sollen die Einführung eines Onlineshop­s und einer Bestell-App sowie die Umbenennun­g des Betriebs von „Mei Muich“in „Ziefers Hofmolkere­i“.

Treu bleibt Bernhard Perwein seiner Verpackung­sphilosoph­ie. „Der Lieferserv­ice ist darauf ausgelegt, dass bis auf die Verschlüss­e kein Müll entsteht.“Milch und Topfen gibt es zum Beispiel im Glas, Joghurt in rePet-Bechern. Perwein sammelt die zurückgege­benen Becher und lässt sie dann in Oberösterr­eich schreddern. Aus dem Granulat werden schließlic­h neue Becher hergestell­t.

 ?? ?? Produziert wird seit 2021 in der eigenen Molkerei am Zieferhof.
Produziert wird seit 2021 in der eigenen Molkerei am Zieferhof.
 ?? ?? Bernhard Perwein ist mit Leib und Seele Landwirt.
Bernhard Perwein ist mit Leib und Seele Landwirt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria