Salzburg erneuert den „Jedermann“
Die Salzburger Festspiele holen eine Schweizerin auf die „Jedermann“-Bühne: Deleila Piasko spielt 2024 die Buhlschaft.
„Es ist eine sehr aufgeladene Rolle. Ich versuche, möglichst frei und unvoreingenommen hineinzugehen“, kündigte die künftige Buhlschaft am Freitag an. Die Salzburger Festspiele betrauen mit dieser Paraderolle ab 20. Juli 2024 die gebürtige Schweizerin Deleila Piasko.
Während ihres Schauspielstudiums an der Ernst-Busch-Schule in Berlin trat Deleila Piasko an der dortigen Volksbühne auf. Nach Engagements am Konzert Theater Bern und am Staatsschauspiel Dresden war sie von 2019 bis 2022, also unter der Direktion Martin Kušejs, im Ensemble des Burgtheaters in Wien. Seither macht sie im Film Karriere – etwa als antifaschistische Kämpferin in der im April 2023 herausgekommenen Netflix-Serie „Transatlantic“oder in der Hauptrolle der deutschen TV-Serie „Der Schatten“, die laut Mitteilung der Salzburger Festspiele mit dem Deutschen Fernsehpreis 2023 ausgezeichnet worden ist. Deleila Piaskos jüngste Rolle ist in Thomas Imbachs Verfilmung von Arthur Schnitzlers „Fräulein Else“, die als deutsch-schweizerische TV-Kino-Koproduktion herauskommen wird.
Wer ist auf Deleila Piasko gekommen? Sie sei ihm in der Netflix-Serie „Transatlantic“aufgefallen, schilderte der Regisseur Robert Carsen laut APA-Meldung am Freitag in der „Jedermann“-Pressekonferenz der Salzburger Festspiele in Wien. Auch weitere ihrer Auftritte, die er via Streaming gesehen habe, habe er bewundert.
Wie berichtet, wird Philipp Hochmair 2024 die Titelrolle des „Jedermann“spielen, die er bereits im Sommer 2018 übernommen hat, damals allerdings in nur fünf Vorstellungen und als kurzfristiger Einspringer für den erkrankten Tobias Moretti. Zudem ist er seit 2013 mit der Band Die Elektrohand Gottes in seiner Soloversion „Jedermann (reloaded)“bei vielen Veranstaltern aufgetreten.
Doch am Freitag versicherte er: „Es geht ein ganz neues Kapitel los. Ich hab keine Ahnung, was auf mich zukommt.“Für die neue Version
des „Jedermann“werde ihn seine bisherige Erfahrung „beflügeln und inspirieren“. Weiters stellte Philipp Hochmair fest: Der Jedermann sei für ihn „so etwas wie eine Lebensrolle geworden“. Es sei die Geschichte des reichen Mannes, „der in seiner unstillbaren Gier nach Geld und Rausch förmlich verglüht“. Die Kernfrage sei zeitlos: „,Was bleibt von meinem Leben, wenn es ans Sterben geht?“
Weitere Schauspieler in der Neuinszenierung werden Andrea Jonasson als Jedermanns Mutter sowie Christoph Luser als Guter Gesell und Teufel. Kathleen Morgeneyer wird die Doppelrolle von Werken und Armem Nachbarn übernehmen. Sein „Jedermann“-Debüt wird Joseph Lorenz als Schuldknecht geben. Nicole Beutler ist als Schuldknechts Weib engagiert. Den Tod wird Dominik Dos-Reis spielen. Als Mammon ist Kristof Van Boven im Besetzungszettel genannt.
Für Bühne und Kostüme ist Luis F. Carvalho engagiert. Der Portugiese hat Bühnen- und Kostümbild in London studiert und ist seither an
großen europäischen Opernhäusern tätig. Mehrmals hat er mit Robert Carsen zusammengearbeitet, der auch den „Jedermann“2024 inszenieren wird.
Was ist das Konzert für seine Regie? Auf diese Frage der Austria Presse Agentur erwiderte Robert Carsen: „Ich muss Sie enttäuschen, das kann ich noch nicht sagen.“Er arbeite daran, „es ist ja noch mehr als ein halbes Jahr Zeit dafür“. Derzeit beschäftige er sich mit grundsätzlichen Fragen: Was ist Jedermann? Wofür steht er? „Es ist ja erstaunlich: Den Österreichern scheint er sogar mehr zu bedeuten als Hamlet den Engländern.“
Seit Langem beschäftige er sich mit Hugo von Hofmannsthal vor allem als Opernlibrettist, sagte Ro
bert Carsen, der 2004 bei den Salzburger Festspielen „Der Rosenkavalier“inszeniert hat. Seit er als junger Assistent in seinem ersten, unbezahlten Opernjob „Ariadne auf Naxos“übersetzt habe, habe er „viel von ihm gelesen und auch mehr von seiner Weltanschauung verstanden“. Bisher habe er fünf der sechs Opern Richard Strauss’ mit Libretti Hugo von Hofmannsthals inszeniert.
In einer schriftlichen Erklärung stellt Robert Carsen fest: „Jedermann“sei das universellste und populärste Werk Hugo von Hofmannsthals. Darin gehe es „um das eine große Mysterium, dem wir uns alle eines Tages stellen müssen: den Tod“. Das Stück beziehe seine Kraft und Resonanz daraus, dass sein Thema „jeden und jede einzelne im Publikum betrifft“.
Wie werden die Scherben nach der Absage für Regisseur Michael Sturminger, Hauptdarsteller Michael Maertens und weitere Mitwirkende aufgeräumt? Die Tischgesellschaft von 2023 habe ein Angebot für 2024 bekommen, sagte der kaufmännische Leiter Lukas Crepaz. Überhaupt sei man mit dem Vorjahres-Ensemble in Gesprächen und sei „zuversichtlich, dass wir auch individuelle Lösungen finden werden“. Man habe schon einige Einigungen erzielt. Weiters versicherte Lukas Crepaz, dass die Kosten für den „Jedermann“2024 inklusive der Auszahlung für Ansprüche aus dem Jahr 2023 im Rahmen eines normalen Neuproduktionsbudgets blieben.
„Wir wollen uns nicht freimachen von Verpflichtungen, die wir tatsächlich eingegangen sind“, beteuerte Intendant Markus Hinterhäuser. „Wir sind kein Hire-andFire-Unternehmen.“Und: „Alle, die Anspruch haben, werden so behandelt, wie es sich gehört.“Man habe die Situation genau analysiert, ehe man sich zur Neugestaltung entschlossen habe. Philipp Hochmair habe als Einziger einen Zwei-Jahres-Vertrag, „alle anderen Verträge haben einen gewissen Spielraum“, sagte Markus Hinterhäuser. Er glaube, die Voraussetzungen für einen neuen Beginn „sind sehr schön und sehr vielversprechend“.
„Alle werden behandelt, wie es sich gehört.“M. Hinterhäuser,